Freitag, 14. Juni 2013

Grenzwertige Grenzgeschichten

Am nächsten Tag stehen wir früh auf, da wir nicht in der vollen Mittagshitze radeln wollen. Eigentlich dürften es sowieso kaum mehr als 30 km sein, da wir davon ausgehen, dass die Grenzabfertigung am gleichen Ort erfolgt, wie jene für den Torugartpass. Wir frühstücken noch schnell Müsli und bekommen noch Tee angeboten. Dann geht es auf die Strasse. Es ist noch nicht viel los und in der frischen Morgenluft kommen wir relativ gut voran. Da wir bergauf müssen ist die Angelegenheit dennoch zäh, zumal die Strasse in Bau ist. Dafür können wir ab und an die noch gesperrte Neubaustrecke nutzen. Einheimische Autofahrer nötigen uns geradezu den frischen Asphalt zu nutzen. Vor der Torugartabfertigung treffen wir noch zwei chinesische Radfahrer, die wohl einen Tagesausflug zurück nach Kashgar machen. Leider haben wir ziemlichen Gegenwind, welcher leicht böeig nicht konstant aus einer Richtung kommt, so dass wir schlecht Windschatten fahren können. 10 km vor der Torugartabfertigung hält ein Mopedfahrer und spricht uns auf Russisch an. Wir freuen uns endlich wieder diese Sprache zu hören und stimmen uns schon einmal auf Kirgistan ein. Er meint, dass die Grenze morgen wieder offen ist und dass es noch 10 km bis zur Station sind. Da wir nicht genau wissen, wo unsere Abfertigung ist, machen wir im Ort der Torugartabfertigung Mittag. Der Wirt zeigt uns auf die Frage nach der Irkeshtamabfertigung eine vier, so dass wir davon ausgehen, dass es noch 4 Kilometer sind. Diese scheinen sich hinzuziehen, zumal der Wind noch stärker geworden ist. Als nach 5 Km immer noch nichts auftaucht, beginnen wir zu realisieren, dass wohl 40 km gemeint sind, so dass wir noch eine Weile bis zur Abfertigung radeln müssen. Dabei wird es nun immer wärmer und auch der Gegenwind hat an Stärke zugelegt. Immerhin können wir mal wieder auf die fertig asphaltierte Neubaustrecke ausweichen, die hier autobahnmässig ausgebaut ist. Man fragt sich ob es so viel Verkehr hier einmal geben wird. Die Bäume, die wir in der Früh noch als Schattenspender hatten, sind schon lange gewichen, hier wächst nicht mehr viel, erst als wir wieder ein Flusstal kreuzen laden Weidenbäume zu einer Pause ein. Langsam kämpfen wir uns gegen Wind und Hitze zum nächsten Ort vor. Kurz vor ihm sieht man riesige Strassen durch die leere Landschaft ziehen, davor steht eine Tafel mit dem Stadtentwicklungsplan von 2012 bis 2030. Anscheinend soll hier fast eine Millionenstadt aus dem Erdboden gestampft werden, zumindest folgt es dem gleichen Muster, wie wir schon an der laotischen Grenze gesehen haben. Dort wurde ebenfalls sehr repräsentativ gebaut um die Nachbarn zu beeindrucken. Am Folgetag erfahren wir, dass es in der Stadt schon ein Museum zu den Neubauplänen gibt.
Zunächst aber fahren wir in den Ort und versuchen noch etwas einzukaufen. Wegen der Hitze der letzten Tage denken wir an die Mineralpäckchen, die man meist nach Durchfall einnimmt. Leider ist es nicht möglich diesen Gedanken auch dem Apotheker mitzuteilen, so dass wir nach 10 Minuten erfolglosem Verständigungsversuch abbrechen.
Im nächsten Supermarkt fragen wir noch nach der Grenzstation, diese kommt wohl gleich nach dem Ortsende in 4 km. Im Ort sind schon einige neue schöne Wohnblocks hochgezogen, sie sind vor allem chinesisch angeschrieben, die etwas heruntergekommeneren älteren Blocks haben auch arabische Schrift.
Es ist nun schon fast 16 Uhr und wir wollen eigentlich nur zur Grenzstation schauen, um zu wissen um wieviel Uhr sie morgen öffnet, anschliessend sollte es ins Hotel gehen.

Die Strasse Richtung Grenzort ist oft schön von Bäumen gesäumt
Die Häuser sind meist von Mauern umgeben
Noch nicht offiziell freigegeben
Ja, das ist der beste Weg
Und wieder gehts für Zweiräder auf die neue Strasse
Strassen sind wichtig
Die Chinesen haben grosses vor für diesen Grenzort
Schülerinnen posieren für uns
Wir fahren also aus der Stadt heraus, an der Strasse wird noch immer gebaut. Als wir rechts neben uns ein recht stattliches Gebäude in einigen hundert Meter Entfernung sehen, wundern wir uns, da so ein Abfertigungsgebäude aussehen müsste. Kurze Zeit später fragen wir einen Taxifahrer, wo denn die Abfertigung sei. Er bedeutet uns zudem etwas mit der Zahl sieben, wir gehen davon aus, dass 7 oder 8 Uhr gemeint ist. Ausserdem stellt sich heraus, dass in der Tat das Gebäude abseits der Strasse die Abfertigung ist, so dass wir zurück fahren. Der Abzweig ist wohl nur chinesisch und uigurisch angeschrieben. An der nächsten Kreuzung geht es wieder links, hier steht wenigstens custom clearance. Die Zufahrt zur Station geht nun auf drei Spuren über 500 m zu dem Abfertigungsgebäude. Die Anlage ist riesig, aber völlig verlassen, wir wundern uns zudem, dass kein einziges Auto und kein einziger LKW da stehen. Ein Rundgang durch die Anlage zeigt einige eher verlassen aussehende Gebäude, so dass wir zunächst Zweifel haben, ob die Anlage überhaupt noch benutzt ist. Die ganze Szenerie wirkt so surreal, dass wir noch einmal das Handy zur Hand nehmen um nach den Öffnungszeiten zu suchen, an der Anlage sehen wir keinerlei Hinweis darauf. Erst die Suche nach Irkeshtam und Dragonboat führt zu einem Treffer, welcher zudem erst heute im Internet publiziert wurde. Ein Blog aus Bishkek thematisiert die Passöffnungszeiten von Irkeshtam und Torugart zum Dragonboat-Festival. Darin steht, dass der Irkeshtam noch bis Sonntag geschlossen ist und erst am Montag öffnet. Christian ist kurz vor einem Nervenzusammenbruch und schreit seinen Frust ins Gelände. Wir hatten wirklich versucht uns vorher zu informieren und im Zusammenhang mit den Drachenbootfest nur Schliessungszeiten bis zu drei Wochentagen gefunden. Dieser Blog ist unsere erste Quelle, welche von 9 Tagen Schliessungszeit spricht. Das Irrwitzige ist, dass der Torugartpass am Donnerstag offen sein soll. Dieser Pass ist für Ausländer deutlich aufwändiger und teurer, da ein Permit eingeholt werden muss und ein Transport vorarrangiert werden muss. Anscheinend hat man in Bishkek auch erst am Freitag durch die Medien von der langen Schliessung erfahren, ab Samstag hat der Pass dann schon zu gehabt.
Wir versuchen noch weitere Quellen zur Schliessung des Passes zu finden, doch nur ein weiterer Treffer in einer dubiosen Nachrichtenquelle, dem "Female Bodyguard" lässt sich finden, hier scheinen sogar beide Pässe für die lange Periode zu zu sein. So hoffen wir noch auf eine Fehlinformation und sehen uns weiter auf dem Gelände um. Gegenüber hat es ein Gebäude der Zollabfertigung, bei dem eine Türe auf der Rückseite offen steht. Als Christian hinein geht, findet sich doch noch ein Lebewesen auf dem Areal. Wir versuchen uns mit dem Mann zu unterhalten um die Öffnungszeiten zu erfahren. Er meint, dass mintyan um 9 Uhr offen ist. Mintyan heisst morgen. Zwischenzeitlich hatten wir noch einmal bei Rita nachgefragt, da sie ja vorher angerufen hatte und wir so die Information der Donnerstagsöffnungszeit bekamen. Doch sie kann uns auch nicht weiterhelfen, die Nummer hatte sie von der Auskunft und gibt sie uns noch einmal. Zudem fragen wir Michi, ob er noch versuchen kann mit Hilfe von Tao die Öffnungszeiten zu verifizieren. Tao scheint aber zu meinen, dass es nicht sein kann, dass die ganze Woche zu ist, das wäre gesetzlich nicht zulässig, wir haben den Eindruck, dass es bei Drachenbootfest tatsächlich nicht üblich ist die ganze Woche zu schliessen, wie an Neujahr oder bei den Maiferien. Durch die Info vom Zoll sind wir aber einigermassen zuversichtlich, dass morgen geöffnet wird. Wir müssen uns sonst Sorgen ums Geld machen, da wir nicht wissen ob es einen Geldautomaten hat und ob er funktioniert. Unsere Optionen im Falle einer Schliessung sind Warten bis Montag, Versuchen am Torugart den Stempel zu bekommen, zum Pass zu radeln und dort noch auf einen Stempel hoffen, alles nicht wirklich gute und erfolgsversprechende Optionen. Wir fahren nun erst einmal in die Stadt zurück, diesmal mit Rückenwind. Ein Hotel ist schnell gefunden, nach etwas zähen Verhandlungen zahlen wir 100 Yuan für ein recht lausiges Zimmer, Dina kann mal wieder den chinesischen Standard bewundern, im Bad ist der Erdboden teils noch zu sehen und Strom scheint es an der Steckdose im Zimmer nicht zu geben, bis der Besitzer nach etwas probieren herausfindet, dass man dafür im Bad das Licht anmachen muss. Im Hotel ist auch ein Italiener untergekommen, welcher morgen ebenfalls über den Irkeshtam will und heute aus Kashgar angereist ist. Momentan ist er noch guter Dinge, da er einige Leute gefragt hat und die meisten ihm zu verstehen gaben, dass morgen der Pass offen sein wird. Nur ein Reiseagent scheint von der Schliessung überzeugt gewesen zu sein, doch der Italiener interpretierte das vor allem als Versuch einen teuren Torugart-Transfer zu verkaufen. Allerdings fährt am Donnerstag wohl nicht wie üblich der Bus, am Busbahnhof wurde jedoch nach etwas eindringlicher Nachfrage die Information ausgegeben, dass die Grenze dennoch offen sei. Nach einem einfachen Nachtessen gehen wir zu Bett und können kaum schlafen, so angespannt sind wir, da sich mogen entscheidet, ob wir hier in dem Nest vier Tage warten müssen oder doch rüber können, Dina träumt in der Nacht sogar etwas thematisch Passendes, nur dass sich das Schliessungsprozedere in einem Skigebiet abspielt. Wenn wir vorher gewusst hätten, dass der Pass womöglich länger zu hat, hätten wir von Kashgar eine gute Alternativtour gehabt, nun ist die Gelegenheit jedoch schon passé. Am Abend interpretieren wir nun die Information des Taxifahrers, der uns bis 7 hochgezählt hatte, eher negativ, er könnte die Wochentage durchgezählt haben, im Chinesischen sind diese eher durchnummeriert. Am nächsten Morgen haben wir nicht wirklich Lust auf Frühstück und packen nach ein paar Löffeln Müsli unsere Sachen und fahren zur Abfertigung. Wir hoffen auf ein paar Autos oder LKW davor, um wenigstens einen positiven Anhaltspunkt zu haben, doch die Station sieht so verlassen aus, wie gestern. Wir verstehen nicht, dass nicht einmal Wachpersonal dort steht. Gegen 9 Uhr kommt noch ein Taxi vorbei, es ist der Italiener, ein älterer Herr, der hier in der Gegend wohl schon viel herum gekommen ist, vor zwei Wochen war er über den Irkeshtam eingereist, so dass wir noch ein paar Infos aus erster Hand haben. Gestern abend hatte er noch eine Inforunde bei den Taxifahrern gemacht, von denen wohl alle damit rechneten am nächsten Tag an der Grenze Passagiere zu bekommen. Da um 9 Uhr nichts passiert, fragen wir noch einmal bei der Zollabfertigung. Der Herr dort sagt uns nun etwas von 10 Uhr. Die Hoffnung stirbt zuletzt, der Italiener meinte, dass die Chinesen bei der Einreise bei ihm am Pass oben auch eine sehr schnelle Besetzung durchgeführt hatten, so dass sie innerhalb weniger Minuten die Posten besetzt hatten. Wir gabeln noch weitere Personen auf, die um die Abfertigung herum zu arbeiten scheinen, sie schicken uns nun allerdings weg in Richtung Abzweig, dort steht ein hotelähnliches Gebäude, worin die Immigrationsabfertigung sein solle. Den Italiener lassen wir an der eigentlichen Abfertigung, die Wege hier sind lange. Vor dem Gebäude stehen wenigstens zwei Autos, doch das Gebäude scheint ebenfalls verlassen. Christian schaut rein, dort hat es in der Empfangshalle tatsächlich Schalter, die der Grenzabwicklung zu dienen scheinen und deren Arbeitsplätze noch benutzt werden. Im Flügel des Hauses befindet sich ein grosser Saal, welcher mit Stühlen, wie im Theater bestückt ist, auf der Bühne befinden sich allerdings Tischtennisplatten und ein Billardtisch. Das WC für Herren ist hier abgeschlossen, jenes für Damen hat aber noch einen Schlüssel. Immerhin scheint es dort Strom zu haben, nur die Wasserhähne sollte man nicht öffnen, da die Abflüsse nicht angeschlossen sind. Zwei Herren, die wohl höchstens sehr entfernt mit der Grenze zu tun haben kommen nun aus dem Haus heraus, sie meinen, dass hier heute nicht gearbeitet wird. Als nächstes fährt ein PKW vor, mit dem Insassen können wir uns auf Russisch unterhalten, er faselt etwas von ne rabotaet, es scheint wohl wirklich auf Montag hinauszulaufen. Nach weiterem eindringlichen Gespräch zückt er das Telephon, nach dem Telephonat meint er, dass heute um 11:30 offen ist. Wir fahren nun kurz zur Abfertigung zurück um dem Italiener Bescheid zu geben. Der scheint schon die Stellung zu räumen, da er uns mit dem Dreirad der Gärtner schon entgegenkommt. Er will aber noch etwas warten, nachdem man auf immer spätere Uhrzeiten verwiesen wird. Doch nun kommen auch wieder die Leute vom Gebäude der Zollabfertigung. Als wir sie wieder befragen, heisst es nun, dass die Grenze tatsächlich erst am Montag auf macht. Die Info reicht dem Italiener, der sich nun für eine schnelle Rückreise nach Kashgar entscheidet. Wir fahren hingegen zum hotelähnlichen Gebäude zurück. Christian erkundet das Gebäude weiter, im anderen Flügel ist ein Esssaal untergebracht und eine Küche. Dort arbeitet sogar jemand, die erste Person, die zum Gebäude gehört und heute anwesend ist. Immerhin schon einmal kein schlechtes Zeichen. Nun wird im Gebäude weitergesucht, im zweiten Stock sind wirklich hotelmässig durchnummerierte Zimmer zu finden, aus einem Zimmer kommt nun noch ein zweiter Mensch. Christian versucht gleich etwas über die Grenze in Erfahrung zu bringen, meist geschieht das mit einem angedeuteten Stempelzeichen. Doch die Person in zivil meint, dass heute zu ist. Anscheinend hat es hier im Gebäude die Unterkünfte für das Abfertigungspersonal, nun nach 10:30 zeigen sich noch zwei weitere Kollegen, die allerdings auch nicht weiterhelfen können. Sie gehen erst einmal zum Frühstücken. Dieweil bearbeitet Christian die Leute weiter mit Fragen, bis es ihnen wohl zu bunt wird und das Zimmermädchen gerufen wird. Um ihnen zu veranschaulichen, dass wir über die Grenze müssen, da wir kein chinesisches Geld mehr haben, wurde auch der Geldbeutel geöffnet. Doch das scheint missverstanden worden zu sein, bestechlich sind die Herren allerdings keineswegs. Christian wird nun mit dem Zimmermädchen mitgeschickt und nimmt erst einmal an, dass unter Umständen ein Zimmer angeboten wird um ruhig gestellt zu werden. Doch es geht erst einmal rauf in den 4. Stock, wo eifrig an die Türen geklopft wird. Erst bei der 5. Tür scheint ein Treffer gelandet worden zu sein. Es ist zwar schon nach 11 Uhr, aber die Leute hier stehen gerade erst auf. Der Geweckte faselt etwas von 11:30, zur Sicherheit wird nachgefragt, ob damit heute gemeint ist, und ob das bedeutet wir können den Stempel haben. Der Herr bestätigt das noch etwas schlaftrunken und bedeutet uns noch etwas zu warten, bis er kommt.
So ganz können wir es noch nicht fassen. Doch als unser Mann herunterkommt, muss er erst einmal telefonieren, anscheinend geht das Ganze doch nicht so ohne weiteres. Es scheint Schwierigkeiten zu geben, der Vorgesetzte scheint mit dem Prozedere nicht einverstanden zu sein, doch unser Kontakt scheint ein wahrer Glücksgriff zu sein, er will uns wohl wirklich helfen und erscheint keineswegs, wie der typische offizielle Chinese. Nach einer Weile am Telefon, gibt er Christian den Apparat. Der denkt, dass er mit dem Grenzposten oben am Pass spricht und wundert sich über das gute Englisch. Es geht nun vor allem um die Abwicklung. Wir wollen mit dem Fahrrad hinauf radeln, das Gegenüber weist auf die Gefährlichkeit hin. Wir versuchen darzulegen, dass wir in dern Ferien nun eigentlich andauernd nicht geteerte Strassen in schlechtem Zustand gefahren sind. Das Gegenüber tritt auf unsere Argumente nicht ein und kommt erst nach einer Weile mit dem eigentlichen Totschlagargument, dass es eine besondere Regel gibt, welche besagt, dass auf der Strasse zwischen Abfertigung und dem oberen Posten, d.h. auf 140 km, nicht erlaubt ist mit dem Rad zu fahren. Wir müssten uns einen Transport organisieren, der uns nach oben bringt. Erst als wir uns beschweren, dass die Schliessung nicht oder nur schlecht kommuniziert war, wird das Gegenüber etwas weicher und verspricht bei der nächsthöheren Autorität nachzufragen, ob wir heute nicht doch abgewickelt werden können. Nun scheint es sich in die richtige Richtung zu entwickeln und nach einer Weile und einem weiteren Telefongepräch meint unser Kontakt, dass wir heute doch ausreisen können, sogar mit Fahrrad. Doch keine drei Minuten später hat es sich der Chef anders überlegt, es gibt das Gesetz, und das sagt kein Rad im Channel. Wir versuchen es weiter, doch das Gegenüber bleibt hart, wir können heute den Ausreisestempel bekommen, die erste Bedingung ist jedoch, dass wir einen Transport haben. Den gibt es heute nicht von selbst, da ja sonst kein Fahrzeug abgewickelt wird. So ist der letzte Versuch, direkt bei der Immigrationsbehörde vorbeizugehen um im persönlichen Gespräch Überzeugungsarbeit zu leisten. Dafür müssen wir zurück in die Stadt, vor der das Gebäude sein soll. Wir sind etwas unsicher, als wir vor einer Kaserne landen, auf deren Hof gerade Soldatenübungen stattfinden. Am Tor sollen wir uns nicht zu sehr nähern, es wird ein englischsprechender Soldat geholt, der nach draussen kommt. Da wir nicht sicher sind, ob wir am richtigen Gebäude sind, schildern wir unser Anliegen, haben wir mit dem Soldaten telefoniert? Es kommen nun noch zwei höherrangige Offiziere, zu erkennen an den zwei, bzw. drei Sternen. Wir müssen uns etwas abseits vom Tor hinstellen um nicht auf den Hof zu sehen. Der einfache Soldat übersetzt unser Begehren und so geht das Gespräch hin und her, bis Christian noch einmal die schlechte Informationspolitik geisselt. Auf einmal spricht der Drei-Sterne-Offizier in sehr gutem Englisch weiter. Das war wohl der Telefonkontakt. Das Gespräch dreht sich im Kreis, das Rad ist weiterhin das Problem. Nach einer Weile versucht Dina das Gespräch abzubrechen, so dass wir zum Fazit kommen, nur mit Transportmöglichkeit kommen wir über die geschlossene Grenze. Das ist uns zu zweit jedoch zu teuer, so dass wir uns erst einmal auf 4 weitere Tage Warterei einrichten.
Als wir so unverrichteter Dinge zurück wollen, um unserem Kontakt Bescheid zu geben (am hotelähnlichen Gebäude hatten sie sich schon fast auf eine Abwicklung heute eingerichtet), sehen wir vor der Polizei drei Ausländer herumlungern. Wir sprechen sie an, sie wollten heute ebenfalls über die Grenze, auch ihr Hotel hatte ihnen die Information gegeben. Da sie nun zum Teil schon ihr Visum überzogen haben, waren sie nun bei der Polizei um das anzuzeigen und eine Lösung zu finden. Anscheinend wusste die Polizei aber auch nicht von der geschlossenen Grenze. Mit den dreien würden wir bessere Chancen auf eine bezahlbare Transportoption haben, so dass wir ihnen die Option eröffnen, heute noch einen Stempel zu bekommen. Der Haken war dabei jedoch, dass uns die Chinesen bisher gesagt hatten, dass wir dann oben an der Grenze bis Montag warten müssten, da die kirgisische Seite unbesetzt wäre und uns daher nicht abwickeln könnte. Gerade angesichts der Visaprobleme, Alex ist wohl schon seit Montag drüber und Simon würde wohl am Folgetag sein Visum überziehen, ist die heutige Stempeloption verlockend. Ein Polizeibeamter kann uns zudem einen Fahrer mit einem Kleinbus vermitteln. Lewis, der Dritte im Bunde, spricht perfekt Chinesisch und übernimmt die Verhandlung. Der Fahrer ist unverschämt und startet bei 2500 Yuan für die Fahrt. Bei dem Preis warten wir lieber. Unsere Schmerzgrenze ist 1000 Yuan, leider kommunizeren wir sie zu schnell, so dass wir uns nicht einigen können. Nach 1500 Yuan ist 1300 Yuan der letzte Preis des Taxifahrers. Als wir uns abwenden und Richtung Busbahnhof gehen, kommt er doch noch einmal zu uns zurück und wir einigen uns auf zu teure 1100 Yuan. Es wäre wohl billiger gegangen, aber der Fahrer weiss wohl gar nicht, dass die Grenze heute zu ist. Da wir mit dem Boss uns nun eigentlich auf 17 Uhr verständigt hatten, wollen wir am Hotelbau nachfragen ob es nicht früher geht. Wir radeln hin, das Taxi soll folgen. Doch der Fahrer scheint anderes im Sinne zu haben und so taucht er weder bei der Abfertigung noch beim Hotelbau auf. So haben wir die Drei anderen verloren. Erst als wir zurück in die Stadt radeln, treffen wir das Taxi nur zufällig in der Nähe des Busbahnhofs an. Der Fahrer hatte die Anderen einfach zum Museum für den Neubau der Stadt gebracht. Wir einigen uns nun auf eine Abfahrt in einer Stunde, so dass wir noch schnell Essen können und Einkaufen, schliesslich wissen wir noch nicht, wann wir über die Grenze können und müssen im Zweifel oben am Pass ausharren. Dina gelingt es sogar Geld aus den Automaten zu beziehen. Zur vereinbarten Uhrzeit verladen wir alles, die Räder passen unverkleinert in den Bus, anscheinend freut das den Fahrer, das zeigt, wie gross sein Auto ist. Am Hotelbau suchen wir unseren Kontakt, der den Offizieren der Immigration Bescheid geben soll. Doch die sind noch in einem Treffen, wir haben Zeit, unser Fahrer ist da deutlich ungeduldiger. Nach 20 Minuten ist dann endlich klar, dass wir zur Abfertigung fahren können. Die Offiziere kommen mit ihrem Jeep vorbei, wir fahren mit dem Kleinbus vor. Das grosse Gebäude wird aufgesperrt und einige Terminals werden besetzt, für uns Fünf.
Es scheint als ob wir den Stempel nun doch noch heute bekommen. Der heutige Tag war bisher ein richtiges Nervenspiel. Zunächst die Warterei auf die Information ob geschlossen ist oder nicht, mit dem ständigen Verweis auf spätere Öffnungszeiten und dann das ständige Hin-und Her zwischen Stempel heute möglich und Stempel nicht möglich, so sind wir erst sicher, wenn der Stempel tatsächlich im Pass ist. Unsere Namen und Passnummern kommen auf eine Liste, dann muss Christian noch einmal zum Drei-Sterne-Offizier und einen Brief aufsetzen, in dem wir uns verpflichten den Anweisungen Folge zu leisten und die Konsequenzen zu akzeptieren, sofern wir nicht folgen. Dann kann die Abwicklung erfolgen. Diese geht nun recht schnell und selbst unsere Problemfälle haben schnell ihren Stempel im Pass. Geschafft. Als wir zum Besteigen des Minibusses fertig sind, sprechen unsere chinesischen Gegenüber sogar davon, dass wir heute abend oder morgen in Kirgistan sein könnten. Das wäre der Wahnsinn, doch wie mit dem Stempel müssen wir uns erst einmal in Geduld üben. Von Michi kommt noch eine SMS herein, sie hatten am Nachmittag wohl die Grenze erreicht und nun die Bestätigung bekommen, dass die Grenze erst am Montag wieder öffnet.
Nun geht es erst einmal zum nächsten Posten. Wir hatten schon einige Schauergeschichten über die Strasse gehört, die da nun kommen würde. In der Tat ist sie in ziemlich schlechtem Zustand, halt eine Baupiste, wie wir sie von anderen chinesischen Teerstrassen gewohnt waren. Dafür ist die Landschaft hier grandios und wir würden die Piste so gerne selbst unter die Räder nehmen als im Taxi zu sitzen. Zum Glück ging die Abwicklung so schnell, dass wir es gerade noch in der Dämmerung bis zum obersten Posten schaffen. Zwischendrin wird noch einmal der Pass und die Besatzung des Minibusses kontrolliert. An diesem Zwischenposten fängt es auch an zu regnen. So warten wir im Bus im strömenden Regen am oberen Posten. Dort werden die Pässe abgegeben und wir anschliessend zu einer Art einfacher Unterkunft gefahren. Es ist schon 22:30 und wir sind froh, dass schon alles arrangiert ist. Sogar ein Abendessen wird noch aufgesetzt und kommt eine Stunde später. Der Tee dazu schmeckt wunderbar. Nun bleibt uns immer noch Zeit uns untereinander zu unterhalten, wir sind immer noch leicht euphorisch von dem Fortschritt, andererseits aber vorsichtig genug, da wir nicht wissen ob wir nicht doch noch drei Tage bleiben müssen. Ein ranghöherer Soldat hier meinte er hole uns morgen gegen 10:30 ab, dann könnten wir rüber gehen.
Es regnet die Nacht durch und auch der Morgen ist noch trüb, keine schöne Aussichten für das Radeln. In der Herberge gibt es dafür noch Frühstück, Butter mit Brot. Da der Soldat sich doch etwas mehr Zeit lässt, bleibt noch etwas Gelegenheit um den Grenzort in Augenschein zu nehmen. Hier wurde bis 2011 die Abwicklung durchgeführt, von daher hatte sich ein richtiges Dorf entwickelt, welches nun schon fast wieder abgestorben war, immerhin zwei Läden gibt es noch. Aber sonst sind die meisten Gebäude unbenutzt und dem Verfall Preis gegeben. Als ein Soldat bei dem Herbergsvater vorbeischaut, versucht er nicht bei uns vorbeizukommen. Als wir über den Stand der Dinge Bescheid wissen wollen, heisst es wie gestern auch schon öfter: Problems. Anscheinend haben die Chinesen von den Kirgisen noch keine positive Antwort. Gegen Mittag kommt der Soldat dann doch noch mit der erlösenden Nachricht: You can go. Am Posten vorne hält uns zunächst noch ein anderer Soldat auf, der wohl nicht Bescheid weiss, dann werden wir vom Vorgesetzten durchgewinkt, der nun die anderen Drei im Auto bis an die Grenze Chinas fährt. Wir radeln derweil im kühlen Regen und bei unangenehmen Wind zur Grenze, wo noch einmal chinesische Soldaten unseren Pass kontrollieren. Dann geht es nach Kirgistan. Dort heisst es am ersten Posten wieder warten, nur kurz werden die Pässe angeschaut und die Nationalitäten abgefragt, die eigentliche Abwicklung ist 2 km weiter. Dort sind dann doch mehr Leute anwesend als gedacht. Zunächst sehen wir zwar nur die Köchin, die uns aber an die permanent besetzte Wache verweist. Dort kommen erst einmal Fragen auf, woher kommt ihr eigentlich, von Kirgistan oder von China. Die Grenze sei doch noch 4 Tage zu. Aber auch hier hat es einen "good guy", der meint, dass wir doch abgewickelt werden sollten. Leider ist das nicht der Ranghöchste. Daher heisst es erst einmal Pässe abgeben und warten. Wenigstens dürfen wir in einem geschlossenen Raum unterstehen. Die Soldaten brauchen erst einmal das OK von oben, d.h. von der Stelle in Osch. Das kann dauern. Mittlerweile sind auch die anderen Drei eingetroffen und so warten wir weiter. Zwischendurch kommen die Soldaten vorbei, doch sie gehen nur durch zur Tischtennisplatte. Die Warterei zieht sich in die Länge, bis uns die Grenzsoldaten aus dem Gebäude herausrufen, anscheinend kommt ein Transport mit dem Boss, weshalb wir nun draussen warten müssen. Der Wind ist hier ebenfalls kalt und der Regen fällt entsprechend schräg. Schliesslich kommt ein Truppentransporter daher, ein Kamaz mit Personenkoffer darauf. Unsere Grenzer haben sich in Reihe und Glied zum Empfang aufgestellt. Die ganze Aktion entpuppt sich jedoch eher als Wachablösung. Neue Soldaten kommen, alte können Heim fahren, sie verbringen hier immer 2 Wochen Dienst.
Unter den Soldaten ist Einer dabei, der besonders gut Englisch kann, er war zum Austausch in Texas und hat dort eine Ausblidung genossen, er meint, dass die Genehmigung aus Osch normalerWeise kein Problem wäre. Dennoch warten wir weier. Doch plötzlich geht doch alles ganz schnell, wir werden zum Schalter gerufen und bekommen nach einem Photo schon den Stempel reingedrückt. Nur Simon der Canadier wird etwas eingehender befragt. In Kirgistan waren am Issyk-Kul kleinere Unruhen wegen der Ausweitung einer canadischen Goldmine.Als wir fertig sind, stellt sich die Frage des Transportes. Für die Drei scheint heute nichts zu fahren, da ja die Grenze zu ist, sie müssten wohl 8 km zum nächsten Ort gehen. Doch die Soldaten bieten uns an, im Gelände-LKW mitgenommen zu werden. Und auch uns Radfahrer würden sie mitnehmen, da es ja am Pass oben Schnee hat und wir da doch nicht durchkommen würden. Letzteres glauben wir zwar nicht, aber der Gegenwind momentan ist ein ganz eisiger und es schüttet beträchtlich, der Regenschatten vom Abfertigungsgebäude befindet sich fast vollständig neben dem Dach, so schräg kommen die Tropfen. Als der LKW ankam, konnte man noch gut sehen, dass das ganze Fahrwerk in Schnee eingepackt war. Als wir wissen wollen, wann sie denn zurück fahren, heisst es in wenigen Minuten. Das ist ja super, nun sollen wir nur noch einen Preis aushandeln. Doch wir können einfach eine Summe vorschlagen, wahrscheinlich haben wir sogar etwas zu viel angegeben, aber das macht uns heute nichts, wir sind ja so froh, dass wir nun endlich das Einreiseprozedere hinter uns haben, dass wir ihnen den kleinen Nebenverdienst gönnen. Der Vorgesetzte erkundigt sich noch ob wir denn damit einverstanden sind und nicht denken zu viel gezahlt zu haben, doch wir winken zufrieden ab. Die Gelegenheit für so eine Fahrt in einem Kamaz bekommt man auch nicht alle Tage und es gibt sogar eine Geländeeinlage. Da die Soldaten noch Kymus kaufen gehen, fahren wir direkt in die verschneite Landschaft hinaus zu einer Jurte. So kommen wir gleich von 0 auf 100 % Kirgistanfeeling. Natürlich dürfen wir auch probieren, nicht jedem von uns schmeckt das Getränk (vergorene Pferdemilch). Auch die trocknen Käsebällchen sind nicht jedermanns Sache. Dafür haben wir Freude an dem lieben Hund und bewundern die stattlichen Pferde.
Direkt hinter der Grenzstation wird die Strasse einmal sehr uneben, obwohl sie recht frisch gebaut ist, dort scheint ein schweres Erdbeben stattgefunden zu haben. Auch der erste Ort nach der Grenze hat darunter wohl schwer gelitten, es sieht aus, wie um Yushu, lauter neue Häuser stehen herum, die Soldaten erzählen etwas von einer Stärke 8 des Erdbebens.
Die 80 Kilometer ziehen sich wider erwarten in die Länge und so sind wir froh in Sary Tash anzukommen, wo wir uns von den Anderen verabschieden, sie fahren noch weiter nach Osh.
Grenzreisegefährten, noch gerade bei den Chinesen
Unser Taxi
Er freut sich über unseren Besuch

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