Donnerstag, 30. Mai 2013

Qinghaiquerung I: Yushu-Qumarleb, wir geniessen noch Teer

Ursprünglich hatten wir vor in Yushu zu übernachten und eventuell einen Ruhetag einzulegen. Doch nach den ganzen Infos, dass die Stadt noch in Bau sei und auch die Hotellage noch nicht so befriedigend wäre, entschlossen wir uns nur Besorgungen zu machen und dann wieder raus zu fahren. Der Wetterbericht sorgte für das Übrige, es waren drei oder vier Tage schlechtes Wetter am Stück vorhergesagt, so dass wir noch den letzten Tag nutzen wollten und nicht in Yushu rumhängen. Die Strecke nach Zhidoi sollte grösstenteils asphaltiert sein, erst hinter Qumarleb wäre Schluss damit.
Gut versorgt fahren wir so noch in den Abend und sind froh als wir endlich das staubige Yushu verlassen und der Verkehr nachlässt. Das auf Yushu folgende Tal ist noch recht dicht besiedelt, überall stehen Zelte herum und auch ein paar neue Hüttensiedlungen stehen herum, auch die kleinen Hütten waren durch das Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen worden und daher Neue erstellt worden. Vor einem weiteren Unwetter bringen wir uns hinter der Wand einer einfachen Hütte am Strassenrand in Sicherheit. Bei dem starken Gegensturm der viel Staub mit sich bringt, macht Radfahren keinen Sinn. So wird es doch eher spät bis wir einen Schlafplatz haben. Wir bekommen gleich Besuch von zwei älteren Herren, die uns noch zum Essen einladen. Wir hatten eigentlich schon ein Brot davor gegessen, so dass nur Christian noch ein bisschen Kontaktpflege betreibt und mitkommt. Die Leute wohnen hier im Sommer in so einer einfachen neu errichteten Hütte, die wir vorher eher für einen Stall gehalten hatten, die aber wohl unterschiedlich genutzt wird. Vom Essen hatte Christian dann etwas anderes erwartet, es gibt einfach eine Instantnudelsuppe, dafür noch ein bisschen Tee dazu. Die Leute sind wohl aus Yushu und im Sommer hier auch sie sammeln Wurzeln. In der Nacht bekommen wir Besuch von den Hunden, da wir nur einige hundert Meter von den Hirten übernachten. Sie bellen laut aber nähern sich nicht zu sehr dem Zelt.

Zeltlager hinter Yushu
Einfamilienhaussiedlung
Auch der Schatten fotografiert
Brücke in der Nähe unseres Zeltplatzes
Unsere "Nachbarn" und Gastgeber
Ophiocordyceps sinensis (Raupenpilz wichtig in der Chinesischen Medizin)
Die Hunde hier sind schon unangenehmer und in den nächsten Tagen bekommen wir immer wieder mit ihnen zu tun. Es sind relativ grosse eher massige Hunde mit viel Fell. In der Gegend um Yushu sieht man sie oft auch auf Plakaten an den Häusern, anscheinend ist hier die Zucht en vogue, manchmal zum Leidwesen der Radler. Die überwiegende Zahl der Hunde ist an einer kurzen Leine, bzw. Kette angebunden und rennt wie wild umher, wenn wir vorbeifahren. Einige wenige unglückliche Hundegenossen haben eine noch schlechtere Aufbewahrung erwischt, sie stecken in einem Käfig, in dem sie gerade einmal Platz zum Sitzen haben. Für uns ist es immer schwierig abzuschätzen ob ein Hund angeleint ist, manchmal rennt er auf einen zu um dann von der Kette in die Luft gerissen zu werden, bislang haben die eingerammten Stäbe an die sie fixiert sind zum Glück immer gehalten. Aber es gibt auch freie Hunde am Haus, welche aggressiv sein können, jene die im Feld herumlaufen sind eigentlich immer unkritisch und lassen einen in Ruhe. Doch meist sind die freien Haushunde auch eher zum Spielen aufgelegt und bellen und laufen hinter einem her. Nur einmal erlebt Dina einen Scheinangriff, während Christian problemlos am Hund vorbeikommt, läuft dieser voll auf Dina zu und dreht erst im letzten Moment ab. Dabei verteidigt sie vor Christian immer die Hunde und meint sie spielen doch nur. Christian würde am liebsten einen Stein auf die ungezogenen Hunde werfen, wie es die Einheimischen tun. Oft sind es aber eher die jüngeren Hunde, die bellen und aggressiv wirken. Hier haben wir auch ein nettes Erlebnis, als uns drei kleinere Hunde verfolgen, werden diese von ihrer Mutter in die Schranken gewiesen.
Am nächsten Morgen begrüsst uns wider Erwarten die Sonne, wir wollen das gute Wetter noch nutzen so gut es geht und brechen daher früh auf. Wir hatten am Vortag schon gut Höhenmeter auf den ersten Pass gemacht, doch die letzten 400 Höhenmeter ziehen sich wieder. Auch an diesem Pass wird gebaut, auch wenn wir das an der Strasse davor nicht so gemerkt hatten, die Arbeiten beschränken sich auf einen Tunnel, welcher 200 m einsparen könnte, allerdings ist die andere Passseite so flach, dass wir uns wieder über den Sinn des Tunnels Kopfzerbrechen machen. Die Landschaft auf der anderen Seite des Passes ist deutlich weiter und wird im Talgrund von einem Feuchtgebiet eingenommen, welches wohl auch für viele Vögel relevant ist, zumindest wird im Atlas und auch auf Plakaten auf ein besonderes Vogelgebiet verwiesen. Nur die wenigen Siedlungen hier sehen unordentlicher aus, ein Hotelkomplex, der in Bau war, ist als Ruine stehen geblieben, man sieht deutlich, dass hier auch noch Schäden des Erdbebens vorlagen. Da es weiter bergab geht kommen wir gut voran und können in einem Punktort Mittag essen. Wir nehmen das erstbeste Restaurant, doch hier hätte es noch zahlreiche weitere gehabt. Die Wahl wird nicht bereut, die Nudelsuppe und Beilage sind sehr gut und wir können auch noch Akkus laden. Als wir weiter fahren wollen, bedeuten uns die Gastleute, dass Regen aufkommt und wir daher bleiben sollen. Der starke Sturm in den Gassen überzeugt uns sogleich und so warten wir noch eine halbe Stunde. Dina hatte an dem Tag einen Schleicher im Hinterreifen, es stellt sich heraus, dass nur das Sclaverandventil ganz fest angezogen werden muss um ihn zu beseitigen, was noch vor dem Restaurant erledigt wird. Diese kurzzeitigen Unwetter hatten wir auch gestern schon, sie kommen schnell, kündigen sich mit dunklen Wolken an, darauf setzt starker Wind ein und auch ein bisschen Regen, dafür verschwinden sie so schnell wie sie gekommen sind und plötzlich brennt die Sonne wieder vom Himmel. Obwohl der Ort nicht gross ist hat er zahlreiche Geschäfte, in denen wir noch nach Mehl und Salz suchen, was ohne Chinesischkenntnisse nicht so einfach ist, zumal wir keine Grosspackungen wollen. Schliesslich gibt es beides aus privaten Beständen für umsonst. Überhaupt ist hier die Bevölkerung viel gastfreundlicher und wir erleben ab Yushu häufiger, dass Autos anhalten und uns eine Flasche Wasser oder Limo in die Hand gedrückt wird. Heute haben wir sogar gute Schokolade bekommen. Manchmal muss man sich wehren um nicht zu viel zu schleppen, bzw. so viel Brot in die Hand gedrückt zu bekommen, dass man es gar nicht essen kann. Oft wird aber auch nur für ein Photo angehalten, zum Glück wird der Verkehr dünner je weiter wir von Yushu weg sind, sonst kommt man ja gar nicht mehr voran. Nach dem Mittagsort folgt der nächste Passanstieg, Christian meint es wäre nur ein kleiner Pass, den wir noch gut bis zum Abend schaffen, doch in Wahrheit geht es knapp auf 4800 m, so dass wir erst um 19 Uhr am Pass sind. Da wir nicht so hoch schlafen wollen, geht es noch mit Rückenwindunterstützung ein gutes Stück runter, die Strasse ist hier weiterhin gut geteert, wobei es immer wieder einige hundert Meter lange Stücke hat, in denen der Teer beseitigt wurde. Das mag Dina nicht so Recht in den Kopf gehen, da man die Reste meist in Gruben am Strassenrand verfüllt sieht. Wir halten erst in der Nähe eines Klosters um unser Nachtlager zu beziehen. Es ist spät geworden, doch wir wollten den letzten guten Tag noch nutzen, was uns gelungen ist. Als wir in der Apsis kochen ziehen schon sehr dunkle Wolken talab auf und in einiger Entfernung entladen sich mächtige Lichtgewitter. Wir sind froh nicht in diesem Unwetter zu sein. Doch in der Nacht setzt bald auch bei uns Regen ein, der bis am Morgen dauert.
Das gelbe Tuch wurde geschenkt
Blick vom 4600er Pass hinter Yushu
4600er Pass hiter Yushu
In der Nähe von Caizhuoti
Sieht aus, wie es vor dem Beben ein Luxushotel gegeben hätte
Das Weisse sind Blumen
Nette Begegnung, es gab Getränke und Schoggi
Ältere Dame am Strassenrand
Die Gegend ist auch als Vogelreservat bekannt
Unser Wirtepaar vom Mittagessen
Die Abendstimmung ist wieder einmal super
Oben geschafft, jetzt müssen wir nur noch runter um gut zu schlafen
So bleiben wir anderntags noch lange im Schlafsack liegen, bis eine leichte Wetterbesserung mehr Aktivität ins Zelt trägt, erst um 11 Uhr geht es los. Bis Zhidoi haben wir heute erst einmal eine lange Abfahrt und darauffolgend nur einen kleinen Pass. Leider ist es den ganzen Tag über bewölkt und regnet ab und an. Die Sonne zeigt sich nur selten. An einer Polizeisperre werden wir einfach durchgewunken und machen uns schon Hoffnungen auf ein Restaurant im nächsen Ort. Der entpuppt sich aber eher als Geisterort, nur drei Gebäude scheinen bewohnt zu sein, so müssen wir uns etwas ausserhalb Nudelsuppen kochen. Doch unsere Kochaktion weckt die Neugierde eines Autofahrers, der extra wendet und sich neben uns setzt, erst als es zu tröpfeln anfängt sind wir wieder für uns. Es ist leider schwierig hier mit den Leuten zu kommunizieren. Standardmässig wird meist nur wohin und woher gefragt, den Rest verstehen wir nicht.
Nach dem Mittag fahren wir den Pass vor Zhidoi hoch, kurz vor der Passhöhe zeigen sich dunkle Schauerwolken und in den Bergen donnert es. Wir zögern zunächst mit der Weiterfahrt, doch das Mittel der Wahl ist die Flucht nach vorne, so dass wir in der Abfahrt die Schauerzone durchqueren und bald wieder blauer Himmel zu sehen ist. Die Stimmung mit den dunklen Wolken und den eingegraupelten Bergen ist wunderbar, ein verregnerter Tag hat also auch seine Sonnenseiten. Da wir weiter Regen erwarten wollen wir in Zhidoi ausnahmsweise wieder mal ein Hotel nehmen. Doch das will erst einmal gefunden werden. Wir staunen nicht schlecht, als die ersten beiden Etablissements 100 Yuan und 160 Yuan für ein Zimmer verlangen, wobei es noch nicht einmal eine Waschgelegenheit hat, auch keine gemeinschaftliche. Das sagt Einiges über die Reinlichkeit der Chinesen. Das letzte Guesthouse, welches wir auch auf der Karte haben ist dann ein akzeptabler Treffer. Die 120 Yuan verschmerzen wir angesichts des Preisniveaus, dafür haben wir warmes Wasser in der Gemeinschaftsdusche. Strom gibt es erst Nachts und zwar nicht zentral organisiert, jeder Haushalt hat seinen eigenen Generator. Das Einkaufen in Zhidoi befriedigt nicht ganz, wieder hat es viele kleine Läden, so dass das Gesamtsortiment limitiert ist. Im Restaurant am Abend wird ein Englischlehrer zur Hilfe gerufen, mit dem wir uns während des Essens unterhalten. Er erzählt uns Einiges über die Leute hier, er ist erst seit zwei Jahren hier aber schätzt den Ort mittlerweile. Für uns ist es eher eine lieblos angelegte Stadt von grosser Isolation.

In der Nähe war unser Zeltplatz
Ziehbrunnen
Leider kommt wieder Regen
Und wieder Sonne
Aufstieg zum Pass vor Zhidoi
Die Wolken sehen bedrohlich aus, also machen wir so gut es geht Tempo
Und schaffen es knapp vor dem grossen Regen über den Pass
Wir kommen relativ glimpflich davon
Die Schauer sind nur örtlich
Glücklich immerhin auf Teer zu sein
Immer nur gerade aus, dann kommst du nach Zhidoi
Blick Richtung Zhidoi
Hauptstrasse von Zhidoi
Am Abend setzt wieder Regen ein, der bis in den Morgen anhält, so dass wir auch heute wieder spät loskommen. Davor wird noch das Versäumte vom Vorabend nachgeholt, wie fertig einkaufen oder Kleider waschen. Der Wetterbericht ist weiter mies, wir haben Qumarleb im Wetterapp als Referenz, morgen soll es sogar schneien. Dennoch reisst es ab 10 Uhr auf, so dass wir uns um 11 Uhr wieder auf dem Rad befinden um nach Qumarleb zu fahren, der zweiten grossen Stadt in der Region. Es geht eigentlich überwiegend Flüssen entlang, so dass wenig Steigung zu überwinden ist. Wir sind keine 10 Kilometer gefahren, da bemerken wir, dass wir wieder auf einer Baustellenstrasse sind. Es ist diesmal nicht so schlimm, da die alte Strasse nicht in die Neue integriert wird. Die neue Strasse wird aus dem Talgrund an den Hang verlegt, mit riesigem Aufwand. Viele Brücken müssen gebaut werden und einige Steilhänge werden traversiert. Wahrscheinlich wird flussab ein Staudamm gebaut, so dass die Verlegung notwendig ist. Schade um das schöne Tal.
Unser Tal mündet in ein viel grösseres, jenes des Yangtse, den wir hier zum letzten Mal sehen. Auch hier wird eine riesige neue Brücke gebaut, das bedeutet wohl, dass der Staudamm im Yangtsetal entstehen wird. Qumarleb ist nicht direkt am Fluss und daher wohl nicht betroffen. Als wir die Ebene von Qumarleb entlang fahren brauen sich schon wieder dunkle Wolken zusammen, die sich entladen als wir im Ort Besorgungen machen. Der Ort selbst sieht grösser aus und auch ordentlicher als Zhidoi. Entsprechend gut sind die Einkaufsmöglichkeiten, Christian findet in einem Sportgeschäft wieder gute Schuhbänder. Negativ fallen hier nur die vielen Bettler auf, die einen auf Schritt und Tritt verfolgen, auch sind die Leute hier recht neugierig, so dass Dina immer umringt ist, während Christian einkauft. Als wir fertig sind setzt starker Regen ein und wir stellen uns unter. Während wir auf das Ende des Regens warten kommt auf einmal ein anderer Reiseradler daher. Es ist Andrea aus Triest, er kommt aus der Gegenrichtung und so entspannt sich ein lebhafter Informationsaustausch. Er rät uns zwar ab, die Route zu nehmen, zu schlecht sei die Strasse und sehr hügelig, aber das suchen wir ja eigentlich. Er scheint recht azyklisch unterwegs zu sein, da er den Winter über die übliche Route nach Osten geradelt ist, doch anscheinend war nur Armenien sehr kalt, leider kommt er jetzt in die Regenzeit in Südchina und Laos. Die Höhe scheint im ordentlich zu schaffen gemacht zu haben, die letzten zwei Nächte hatte er am Pass vor Qumarleb krank im Zelt verbracht.
Noch während wir diskutieren kommt ein Han-Chinese daher und fordert grusslos unsere Pässe. Wir können ihn noch dazu bewegen, die Pässe nicht direkt in den Regen zu halten, dann werden diese photographiert und die Bilder zur Überprüfung versandt, es scheint aber alles in Ordnung zu sein. Da es noch regnet wollen wir noch etwas zu Abend essen, Andrea schliesst sich uns an und so gibt es nochmal Reis mit Beilagen. Danach verabschieden wir uns, wir wollen nicht noch eine Hotelübernachtung hier machen, das Zelt ist sauberer und günstiger. Allerdings hätte es hier wohl auch einige bessere Herbergen. Im leichten Regen geht es noch ein paar Kilometer aus dem Ort heraus, unterwegs ist dann mal wieder Photosession mit ein paar Einheimischen angesagt. Das Zelt stellen wir in einer Mulde auf, welche Yaks wohl im Winter fabrizieren, wenn Schnee liegt und ein paar freie Flecken gefunden werden müssen.

Raupenpilzmarkt in Zhidoi
Der Raupenpilz ist wichtiges Einkommen
Wir verlassen Zhidoi
Fluss hinter Zhidoi
Zur Zeit wird erst wenig Wasserkraft genutzt
Yaks im Steilhang
Hier wird in naher Zukunft der Rückstau von einem grossen Wasserkraftprojekt am Tongtian das Bild prägen
Schöne, hier weitverbreitete Polsterpflanze
Schon wieder tiefe Wolken
Brücke über den Tongtian (fliesst in den Yangtse)
Baustelle am Tongtian
Ein Teil musste der Strasse weichen
Willkommensbogen von Qumarleb
Die Bewohner von Qumarleb sind sehr neugierig
Dina ist immer sofort von Männern umringt
Andrea, der Italienische Tourenradler kommt gerade von der "Qinghaiquerung"
Fototime kurz ausserhalb von Qumarleb
Nur noch Zeltplatz finden

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