Montag, 16. September 2013

Transit Turkmenistan

Aufgestanden wird schon recht früh, damit wir nicht zu spät an der Grenze sind. Der Vorteil ist, dass wir die Hauptstrasse noch für uns haben. Vor Nukus wäre auch kein besserer Platz gekommen, zudem ausser der Polizei auch kein Rasthaus oder Wasserhahn. Nukus ist in der Früh noch wie ausgestorben. Eigentlich erwarten wir hier ein heruntergekommenes Nest ohne Schönheit, doch weit gefehlt, es hat viel Grün in den öffentlichen Anlagen. Obwohl es hier ein sehr sehenswertes Museum geben soll, lassen wir eine Besichtigung aus, da wir ja möglichst wenig von der Aufenthaltszeit in Turkmenistan verlieren wollen. Der Amu Darja ist hier in verschiedene Arme und Kanäle aufgeteilt, die nicht mehr so viel Wasser führen. So versickert er wohl meist schon bevor seine Wässer dem gestorbenen Aralsee Hilfe bringen können. Von Nukus könnte man noch weiter in Richtung Aralsee fahren, was allerdings noch eine ziemliche Distanz ist, zumal die aktuelle Küstenlinie weit weg von sämtlichen ehemaligen und sterbenden Siedlungen ist.
Von Nukus geht es nun weiter durch besiedeltes Gebiet Richtung Konye-Urgensch. Im letzten Ort vor der Grenze werden wir noch Zeuge eines Beinahe-Unfalls, ein Wagenlenker fährt ohne zu schauen auf die Hauptstrasse, so dass einige Fahrzeuge zur Vollbremsung gezwungen sind. Daraufhin hält auch der verursachende Wagen sofort und Mann und Frau tauschen Platz. Nun führt die Strecke mit ein paar Abzweigen nicht so eindeutig weiter, hinter dem Ort geht es nun einsam flach durch Landwirtschaftsland zur Grenze. Wir haben ja schon viel zu Turkmenistan gehört und sind nun gespannt auf die Abwicklung. Es stehen mit einigem Abstand zur Abfertigung einige LKW, die Warteplätze sollen wohl nicht das Abfertigungsgebäude blockieren. Vor dem Gebäude ist die Strasse aufgerissen, doch trotz Baumassnahmen ist die Grenze geöffnet. Die Usbeken sind relativ unkompliziert, wir müssen allerdings noch einmal die Zolldeklaration ausfüllen, die dann gestempelt werden. Die Beamten sind recht interessiert und unterhalten sich gerne. Die Turkmenen sind da schon ernster, nach kurzer Wartezeit an der Schranke dürfen wir auf das Gelände, zum Glück wird auch hier Russisch gesprochen, sehr gutes sogar. Vor uns sind noch zwei LKW-Fahrer dran, die ihre Abwicklung machen, erst nach einer Weile geht es mit uns weiter. Neben Deklaration und normaler Migration ist noch eine Eintrittsgebühr am Schalter zu entrichten, sie wird manchmal Registrierungsgebühr genannt, doch das einzige was registriert wird, ist die Geldeinzahlung. Bei der Kontrolle werden wir, wie so oft, nach Waffen und Drogen gefragt, anscheinend hatte vor nicht allzulanger Zeit ein Franzose eine Knarre dabei, die dann einige Probleme bereitet hat. Die Beamten wundern sich, dass wir mit dem Rad nur 5 Tage Transit haben, doch geben wir ihnen zu verstehen, dass diese reichen würden. Sie hätten uns wohl auch mit 7 Tagen durchgewunken. Hinter der Grenzstation geht es nun so einsam weiter, wie davor, bis wir in Konye-Urgensch eintreffen. Dort wird am Basar erst einmal Geld gewechselt, wider erwarten versucht man auch hier nicht einen beim Wechseln über das Ohr zu hauen. Nach gutem Mittagessen und Einkauf setzen wir unsere Fahrt erst einmal mit Sightseeing fort. Konye-Urgensch ist wohl eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Turkmenistan. Es soll hier alte Bauwerke wie in Khiva haben. Die Stadt lag ursprünglich auch an einem Arm des Amu-Darja, doch hatte sich dieser Arm verlegt, so dass das Wasser fehlte. Entsprechend sind die Überreste der Seidenstrassenstadt lange nicht gepflegt worden, so dass die Hinterlassenschaften wieder einen eigenen Charakter haben. Hier sind nicht ganze Viertel der Nachwelt erhalten, sondern einzelne Gebäude, Medressen und Moscheen. Wir spazieren um die Hinterlassenschaften, die in der Stadt liegen und haben Glück, dass wir kein Ticket kaufen müssen und die Wächter umgehen können. Etwas ausserhalb der Stadt hat es noch einmal wichtige Hinterlassenschaften, unter anderem das höchste Minaret Zentralasiens, doch hier soll man Eintritt zahlen und als wir unsere Pässe zeigen, wird uns zu verstehen gegeben, dass man mit Transitvisum keinen Eintritt bekommt. So machen wir uns auf den Weg zum Taxistand.






Wir wollen noch bis zum Abend nach Derweze kommen. Hier ist die für viele Touristen grösste Attraktion des Landes versteckt, ein Gaskrater. Als die Sowjets hier Probebohrungen machten, haben sie wohl einen Hohlraum angebohrt und instabil gemacht, der in der Folge eingstürzt ist und aus dem Gas strömte. Um das Gas nicht frei ausströmen zu lassen, hat man es angezündet und seitdem brennt der Krater. Dabei wollte man die Flammen längst einmal löschen und das Gas unter Kontrolle kriegen. Um noch rechtzeitig zum Krater zu kommen müssen wir ein Taxi nehmen. Der zuerst angesteuerte Taxistand ist allerdings wohl nur für die nähere Umgebung, so dass wir zurück in die Stadt fahren. Dort stehen einige Autos herum, jedoch keines, das gerade in unsere gewollte Richtung fahren würde. So müssen wir ein eigenes Taxi chartern. Die Preise sind doch nicht so niedrig wie gedacht, das Problem ist, dass Derweze nicht mehr als Ort existiert und daher die Taxis von dort keine Fahrt zurückmachen können, sondern eigentlich alle die über 400 km lange Strecke nach Ashgabad fahren. Unser Taxi müsste insofern in Derweze auf uns warten und uns am Folgetag nach Ashgabad bringen. Der Preis bewegt sich daher leider auch nach einigem Warten nicht von den anfänglich aufgerufenen 100 $ herunter und ein zweiter Taxifahrer der die gleiche Strecke machen würde, taucht nicht auf. Wohl oder übel fügen wir uns noch einmal in einen überteurten Transport und fassen es als Eintrittspreis für den Krater auf. Die Räder sollen diesmal nicht aus dem Kofferraum herausragen, da der Fahrer meint dass die Strecke in schlechtem Zustand ist. Mit etwas Schrauben bekommen wir sie tatsächlich in den Kofferraum des Stufenheckwagens und können fahren. In der Tat ist die Teerstrasse das erste Stück in erstaunlich schlechtem Zustand. Im Land der Petrodollars (oder Petrorubel) hatten wir anderes erwartet. Der Fahrer weicht teils in den Graben aus. Erst nach 100 km kommt von Urgensch eine andere Strasse mit deutlich mehr Verkehr dazu. Ab hier ist die Fahrbahn deutlich besser. Da es nun schon auf den Abend zu geht sind wir froh schneller voranzukommen. Derweze ist eine gewesene Ortschaft inmitten der Wüste, welche vor einigen Jahre auf Befehl des Präsidenten geräumt wurde, ihr Aussehen gefiel nicht. Von anderen Reisenden haben wir nur die Information, dass man bei einem Café haltet und von dort zum Gaskrater gelangt. Unser Fahrer antwortet etwas eigenartig, als wir ihm diese Beschreibung so weiter geben. Als wir Vorort sind, stellt sich heraus, warum. Es hat nicht nur ein Café, sondern eine ganze Reihe, hier ist wohl die Raststation für alle LKW. Wir halten bei einem beliebigen Café und gönnen uns noch schnell einen Plov zum Abendessen. Dann wird mit reduziertem Gepäck losmarschiert. Unser Fahrer samt Gepäck und Rädern bleibt beim Café und erwartet uns morgen in der Früh. Im GPS hat es einen Punkt, der mit Krater bezeichnet ist, auf diesen nehmen wir nun Kurs. Das Gelände ist sandig kiesig, entsprechend sinkt man immer leicht ein beim Gehen, die Vegetation ist relativ dünn, doch als reine Wüste ist die Gegend wohl nicht zu bezeichnen. Nach dem Hang, der aus der Geländefurche der Strasse steigt folgt ziemlich bald ein weiterer Einschnitt, die Bahnlinie. Wo der nächste Bahnhof gelegen wäre, war uns jedoch nicht bekannt. Langsam beginnt es einzudämmern, es folgt wieder ein Abstieg in eine grössere Senke, deren Grund härteren Boden hat. Wir müssen nun die Lampen anschalten, Tageslicht wäre noch angenehm gewesen, insbesondere um Bodentiere besser zu sehen. Im Licht der Taschenlampe huscht einmal eine kleine Schlange davon. Auf die Senke folgt noch einmal ein Anstieg, mit dem GPS können wir gut navigieren, der Krater ist nämlich noch nicht auszumachen. Dabei sollte er nicht so weit weg sein. Wir müssen nochmal ein wenig Absteigen und einen kleinen Gegenanstieg machen, bis in einigen hundert Metern Entfernung der flammende Krater zu sehen ist. Dina will ihn lieber aus sicherer Distanz betrachten und bleibt daher beim Zeltplatz, Christian geht noch vor bis zum Kraterrand. Dort lässt sich noch ein weiterer Tourist sehen. Nach einer Runde um den Krater kommt man ins Gespräch, es ist ein Münchner, der auf dem Weg nach Afghanistan ist. Er schwärmt ein bisschen von seinem Touristenvisum samt Programm, anscheinend sind die gebuchten Hotels Preis-Leistungsmässig nicht schlecht. In Afghanistan soll es wohl nur bis Herat gehen und dann per Flugzeug nach Kabul. Dieses Land scheint viele Leute magisch anzuziehen. Immerhin war das Visum auch in München erhältlich. Leider haben wir die überschüssigen Afghanis gerade nicht dabei. Schon mehrmals hatten wir nun nicht zufällige Gelegenheiten genutzt um diese einzutauschen.
Der Kraterrand lädt noch zum weiteren Verweilen und Hineinstarren ein, man muss sich diese Sehenswürdigkeit nicht so vorstellen, dass riesige Flammen bis aus dem Krater herausschlagen. Der Krater, der wohl hundert Meter Durchmesser hat ist recht tief, fast über seine gesamte Fläche treten viele meterhohe Flammen aus, an einigen Stellen konzentriert es sich. Wenn man am Rand steht merkt man die Wärme deutlich und muss schon nach kurzer Zeit etwas zurücktreten. Erstaunlicher Weise ist es am Krater sehr ruhig, der normale Wind ist genauso laut, wie die Flammen.
Zurück am Zelt wird noch etwas aus der Ferne auf den Krater geschaut, bis wir einschlafen. Der Wecker schellt schon recht früh, da wir mit unserem Fahrer früh abgemacht haben. So können wir in der Morgendämmerung noch einen Blick auf den Krater werfen, tagsüber ist er nämlich nicht mehr so spannend. Zurück können wir meist unseren Spuren folgen und treffen so ohne Probleme wieder auf die Bahnlinie. Dahinter schauen uns noch ein paar Kamele interessiert zu. Unser Fahrer wartet schon auf uns, so dass wir gleich loskommen, selbst war er wohl nicht am Krater.







Die Fahrt bis Ashgabad verläuft ereignislos, wir sind schon gespannt auf die Stadt, von der wir schon sagenhaftes gehört haben. Die Legenden ranken um den Bauboom und Persönlichkeitskult des relativ jungen Staastes. Doch die ersten Eindrücke sind nicht aussergewöhnlich, unser Fahrer bringt uns bis zum Bahnhof der Stadt, welcher in einem älteren Viertel liegt, welches eher klassisch russisch aussieht. Als wir auf einem Hinterhof unsere Räder ausladen und wieder zusammenbauen, spricht uns ein Turkmene auf Englisch an. Es ist Takhir, der erfreut ist Schweizer zu treffen, da er bereits dort einige Zeit gelebt und in Bern studiert hat. Wir kommen ins Gespräch und werden gleich in seine Wohnung eingeladen. Bzw. es ist die Wohnung seiner Mutter, er ist samt Familie gerade erst dorthinein gezogen, da er seine eigene Wohnung weitervermietet um genügend Geld zu haben. Es gibt noch Tee und ein paar Frühstücksbrote, da wir nun schon seit Khiva nicht duschen konnten, sind wir froh, dass wir uns bei ihm waschen können. Die Unterhaltung ist interessant, da Takhir natürlich die Welt, bzw. Turkmenistan mit geschulten Augen betrachtet. Seine Mutter arbeitet auch noch und ist natürlich etwas erstaunt Besuch vorzufinden, als sie Mittag heimkommt. Wir flanieren im Anschluss noch durch das Viertel und kaufen Fahrkarten. Bei der langen Schlange haben wir Glück, dass ein anderer Schalter öffnet und wir gleich dran kommen. Die Zugkarten sind hier spotbillig, nicht mal 3 € kostet die Fahrt ans kaspische Meer im Schlafabteil. Danach machen wir uns auf eine Unterkunft zu finden. Takhir ruft schon mal vorsorglich bei den in Frage kommenden Hotels an, günstige Guesthouses sind zum Teil verschwunden, so dass wir in ein normales Hotel müssen. Neben dem botanischen Garten hat es eines, dessen Preis uns zusagt. Es ist allerdings etwas ab vom Schuss, der Strassenverkehr in der Stadt ist jedoch akzeptabel und auch sonst macht es Spass hier zu fahren. Wir sind insbesondere über die bildhübsch gekleideten Burgfräulein erstaunt. In Ashgabad läuft der Grossteil der Frauen mit langen Kleidern in kräftigen Farben herum, welche am Kragen mit schöner Stickerei ausstaffiert sind. Die Farben der Kleider richten sich nach Alter und Bindungsgrad.
Das Hotel ist dann sehr sowjetisch, d.h. die angebotenen Zimmer sind recht heruntergekommen und die Einrichtung sieht fragil aus. Für eine Nacht wird das dennoch auszuhalten sein, immerhin ist ein Frühstück dabei. Am Abend geht es zu Takhir zurück, welcher uns noch für ein Abendessen eingeladen hat. Seine Frau Julia kocht gross auf, es gibt Plov. Für eine Familie mit 2 anwesenden Kindern und einer Oma ist die Wohnung nicht wirklich ausreichend gross, doch da die älteste Tochter in Weissrussland studiert, braucht es Geld. Anscheinend ist es nicht so einfach in Ashgabad in einer Uni unterzukommen. Wir waren am Abend noch etwas in der Neustadt unterwegs gewesen, dort stehen relativ viele zu gross geratene Gebäude verschiedener Fakulatäten. Auch am Präsidentenpalast ging es vorbei, doch dort wurden wir von Wachpersonal immer weit weggeschickt. Anscheinend war der Präsident gerade in der Gegend, denn auch eine naheliegende grosse Hauptstrasse war gesperrt. Die goldene Statue des ehemaligen Präsidenten, welche auf dem Tor der Neutralität stehen soll finden wir nicht, obwohl das Gebäude ein besonders Hohes sein soll. Am Abend fährt uns Takhir noch zurück ins Hotel.
Unser Zug am nächsten Tag fährt erst am Abend, so dass wir noch Zeit für eine Besichtigung haben. Während wir gestern noch nahe der alten Stadt waren, wollen wir noch etwas Richtung Süden schauen. Die Stadt erstreckt sich schon Einiges in Richtung der südlichen Bergkette, welche die Grenze zum Iran markiert. Ursprünglich wollten wir zum grossen Markt gehen, doch wieder einmal sind die Infos im Internet veraltet, der (anscheinend) weltberühmte Basar von Ashgabat ist mittlerweile durch einen sterilen Neubau abgelöst, und liegt zudem deutlich ausserhalb der Stadt. So geht es mit irgendwelchen Bussen Richtung Süden, nicht weniger weit als der Basar. Hier ist noch viel Platz und so einige protzige Gebäude und gross angelegte Parks. Wir hatten zwar gehofft auch noch zu einer Seilbahnstation zu kommen, doch die ist wohl am Ende einer anderen Buslinie. So kehren wir vom Krankenhaus, das am Ende der Buslinie liegt wieder um und wandern noch etwas durch die neuen Hochhäuser und Monumente. Leider ist auch ein grosser Turm gesperrt, immerhin halten regungslose Soldaten davor eine Ehrenwache. Auch einen goldenen Nyazow (ehemaliger Präsident) findet man auf dem Gelände. Das gestern gesperrte Präsidentenpalais scheint heute wieder unkritischer zu sein, wir werden nicht grossräumig umgeleitet und Christian schiesst ungeniert einige der öffentlichen Bauten, welche man laut Reiseführer eigentlich nicht photographieren soll. Interessante Ministerien stehen in der Stadt, u.a. ein Ministerium für die Optimierung von "punishments". Um Mittag müssen wir das Hotel wieder verlassen, sonst wird eine weitere Nacht fällig. So verbringen wir den Rest der Zeit noch am Markt und in Bahnhofsnähe. Der russische Markt ist zwar klein, hat aber doch einige Auswahl. Christian kauft wie üblich einen einheimischen Hut. Viele der jungen Leute haben eine Kopfbedeckung, wie wir sie bisher nur von Juden kannten, allerdings ist sie mit farbigen Stickereien verziert. Beim Markt können wir auch endlich wieder die volle Lebensmittelauswahl geniessen, die hatten wir bisher in Usbekistan und Turkmenistan etwas vermisst. Doch in Ashgabat bekommt man alles, auch Müsli. Bevor wir zum Bahnhof gehen, lernen wir noch Nina und Murad kennen, zwei Schüler einer Handelsschule, die noch russische Wurzeln haben. Sie sprechen nicht so gut turkmenisch und haben daher heute Nachteile, so wie auch Takhirs Frau. Dafür wird jetzt Englisch gelernt. In den letzten Jahren sind immer mehr russischstämmige Leute zurück gezogen, früher war Turkmenistan, wie auch die anderen zentralasiatischen Republiken deutlich russischer geprägt. Murad will Übersetzer für Englisch werden und spricht die Sprache schon ordentlich, sie sind nicht eigentlich aus Ashgabat, sondern kommen aus dem Westen. Dementsprechend erfahren wir noch welche Schätze wir bei unserem Schnelldurchgang verpassen. Interessant wäre wohl noch der unterirdische See 100 km westlich von Ashgabat geworden. Das neue Touristenressort am Kaspischen Meer ist wohl kein Verlust. Als wir noch nach dem typischen Landesgetränk, vergorener Kamelmilch fragen, lädt uns Murad noch beim nächsten Stand darauf ein. Es ist nicht wie Kymus, da stark mit Kohlensäure versetzt und entsprechend stark maskiert im Geschmack.


















Als wir schon am Bahnhof auf den Zug warten, verabschieden wir uns noch schnell bei Takhir, der uns dann aber noch am Bahnhof hilft. Zum Glück, denn die Radmitnahme erweist sich entgegen der Auskunft doch als nicht ganz einfach. Es hat zwar einen Gepäckwagen, doch um diesen herrscht Chaos, es stehen so viele Güter vor dem Eingang, dass ganz sicher nicht alle rein können. Die Leute vom Gepäckverlad haben uns zudem kein Ticket verkauft, sie meinten, das wird bei Abfahrt gemacht und wir kämen schon mit. Durch diese Aktion wollten sie aber nur eine bessere Verhandlungsposition haben. So kurz vor der Abfahrt verlangen sie ein Vielfaches des Fahrpreises für unsere beiden Räder. Wir müssen in den sauren Apfel beissen. Dann geht es aber los. Die Kupé-Klasse ist komfortabel und so können wir die Nacht gut schlafen. In der Früh kommen wir in Turkmenbashi an. Das ist er grösste turkmenische Ort am Kaspischen Meer, von hier aus fahren die Fähren nach Baku. Vom Bahnhof geht es nach kurzem Einkauf zum Hafen, der etwas ausserhalb liegt. Dort ist erst einmal nichts los, wir sind die Zweiten, die sich in die Liste für die Fähre eintragen. Das ganze Prozedere mit der Fähre wird im Internet oft ausführlich diskutiert, da es keine Fähre wie jede andere ist. Eigentlich sind es Frachtfähren, welche über die Kaspisee fahren, welche noch in geringem Masse Passagiere mitnehmen. Diese müssen sich entsprechend auf Besonderheiten einstellen. So gibt es keinen Fahrplan und tagelange Verspätungen zählen zum Erfahrungsschatz der Reisenden. Vielleicht werden aber gerade solch lange Wartezeiten eher bekannt. Der kanadische Motorradfahrer, welchen wir im Pamir trafen, wartete in Aktau über eine Woche auf die Fähre. Für die Fähre in Turkmenbashi sind aber höchstens 2-3 Tage üblich, wobei nach uns ein anderer Motorradfahrer von Baku nach Aktau über 5 Tage brauchte, dabei war er schon auf dem Schiff. Es ist also nicht nur auf das Schiff zu warten, oft wartet das Schiff beim Anlegen lange Zeit auf einen freien Platz. Wir sind nun aber erst einmal auf der Liste und warten im Hafengebäude so lange, bis ein Schiff kommt. Sofern das Visum ausläuft muss man sich rechtzeitig ausstempeln lassen und kann danach das Gebäude auch offiziell nich mehr verlassen. Eine Fähre liegt schon am Quai, doch geschieht den ganzen Morgen nichts mit ihr, keine Eisenbahnwägen werden verladen. Die Fracht wird meist in den Eisenbahnwägen transportiert, aber auch viele LKW warten am Terminal. In der Früh kommen noch weitere Passagiere an und setzen sich in den Wartesaal. Christian fährt derweil nochmal in die Stadt um einzukaufen. Ein Georgier hilft bei der Suche nach dem Notwendigen, u.a. muss noch das aserbaidschanische Visum kopiert werden. Die letzten Manat werden noch ausgegeben, u.a. für eine Pizza. Der Verkäufer verblüfft mit akzentfreiem Englisch. Er hat in den USA Bauingenieur studiert, doch um besser zu verdienen hat er in Turkmenbashi ein paar Pizzerien eröffnet und das Bauwesen Bauwesen sein gelassen. Nicht, dass es in Turkmenistan nicht boomt, aber es scheinen vor allem ausländische Firmen zu profitieren. In wenigen Jahren sind die asiatischen olympischen Spiele in Turkmenistan, auch dafür werden in Ashgabat gerade zahlreiche prunkvolle Sportstädten gebaut. Doch scheinen vor allem türkische Firmen zu profitieren, welche auch türkische Arbeiter ins Land bringen. Es warten vielleicht 20 Leute auf die Fähre, doch tut sich eigentlich den ganzen Tag nichts. Unter den Wartenden sind auch Turkmenen, die in Baku studieren und turkmenische Familien auf dem Weg nach Russland. Am Nachmittag hat es manchmal den Anschein, dass sich etwas bewegt, doch meist ist es ein Fehlalarm. Zwar werden ein paar Eisenbahnwagons verladen, doch vom Schalter bei dem wir uns in die Liste eingetragen haben, wird immer noch kein Bestätigungszettel ausgefüllt. Dafür tauchen am Nachmittag endlich einmal aussteigende Passagiere auf, d.h. ein Schiff hat angelegt. Darunter sind auch zwei Italiener, die etwas planlos durch Zentralasien unterwegs sind. Das vorherige Schiff haben sie um eine Stunde verpasst, da sie noch das Visum abholen mussten, aber die Visumszeit hat sowieso erst heute begonnen. Etwas beschweren sie sich über die Grenzer hier, da sie mit Abstand als Letztes von allen Passagieren durchgelassen werden.
Nach all der Warterei bekommen wir am späten Nachmittag dann doch noch den Zettel, mit dem wir an Bord eine Fahrkarte lösen können. Die Grenzabgertigung lässt sich aber noch Zeit. Als wir endlich dran sind, tauchen prompt Probleme auf. Das Gepäck wird nämlich geprüft und dabei stellen die Beamten fest, dass auf unserem Attest, das wir ihnen geben, verbotene Substanzen stehen. Panadol und Tramadol rufen immer wieder ein Kopfschütteln hervor. Nun werden unsere Medikamentenvorräte ganz genau beäugt und auseinandergenommen. Nicht alle Medikamente sind noch in gutem Zustand, bei manchen wissen auch wir nicht mehr, was es ist. Doch die beiden Schmerzmittel bleiben auch nach der ganzen Inspektion ein Problem. Zwischenzeitlich wird noch der Photoapparat von Christian kontrolliert, bzw. die SD-Karte, da der Display kaputt ist. Hoffentlich stören sie sich nicht an den ganzen unerlaubten Aufnahmen der öffentlichen Gebäude. Doch nach 10 Minuten ist der Beamte durch und die SD-Karte wieder im Photo. Dieweil hat sich das Medikamentenproblem nicht gelöst, es muss wohl ein neues Gesetz geben, welches die Medikamente auf dem Index hat. Während Panadol ein völlig unproblematisches Mittel ist, ist Tramadol zugegeben schon stärker. Doch unser Arzt hatte bei der Abfahrt das Medikament empfohlen und mit Unterschrift und Stempel auf unser Medikamentezertifikat geschrieben. Mit dem Chef der Grenzer ist leider nicht zu diskutieren. Dabei hatte er sich vorher ziemlich ausführlich mit Christian unterhalten, u.a. hatte ihn interessiert ob wir schon schmieren mussten. Doch darauf wollen die Grenzer anscheinend nicht hinaus und auch die freiwillige Abgabe der Medikamente ist keine Lösung. Der oberste Chef soll weiter helfen, doch scheint er nicht ans Telefon zu gehen. Mittlerweile sind schon fast alle Passagiere abgefertigt und wir fürchten, dass wir das Schiff verpassen. Nur noch ein weiterer Pechvogel bekommt Probleme wegen Zeitschriften und Teppichen. Mit ihm gehen die Grenzer deutlich ruppiger um und schreien ihn regelrecht an. Er bleibt wohl hier. Bei uns hat sich auch nach 2 Stunden nichts vorwärts bewegt. Doch irgendwann kommt noch weiteres Personal dazu und unterhält sich mit uns, bzw. befragt uns. Die Grenzerin, die eigentlich für die Gepäckprüfung zuständig ist, hat anscheinend schon Mitleid mit uns, doch bringt uns das nicht weiter. Erst nach 3 Stunden in der Abfertigung, gibt es plötzlich eine Lösung, der Beipackzettel und unsere Pässe werden gescant, wahrscheinlich für die Akten, dann können wir die Ausreiseprozedur antreten. Der Migrationsbeamte nimmt seine Sache sehr genau, Pass und verschiedene Visa werden wiederholt geprüft und abgeglichen, bis es endlich den ersehnten Ausreisestempel gibt. Nun eilen wir zur Fähre, die zum Glück noch da steht. Anscheinend bekommen sie erst jetzt von den Grenzern die Freigabe. Im Fahrzeuggeschoss wird noch schnell kassiert. Ungefähr 90 $ kostet das Ticket, da wir vorher die meisten Einheimischen nach dem Preis gefragt haben, wissen wir, dass auch sie so viel zahlen. Für unsere Räder müssen wir nur noch 5 $ extra berappen, im Internet waren Gebühren von 30 $ pro Rad kursiert. Nun geht es aufs Passagierdeck. Christian verliert bei der steilen Treppe und mit all dem Gepäck leider den Photo, der mehrere Etagen tief fällt. Das dürfte das Ende gewesen sein. Er hat sich erstaunlicher Weise nicht vollständig zerlegt, doch funktioniert die Belichtung nicht mehr richtig, die Verschlusszeit ist zu lang, so dass die Photos überbelichtet werden.





Die Kabinen sind nicht so schlecht wie befürchtet, wir bekommen eine für uns alleine. Allerdings schauen immer mal wieder zwei Georgier vorbei. Sie sind keine Passagiere wie wir, sondern Bahnarbeiter, die die Fracht begleiten. Momentan fahren sie mit leeren Wagons zurück nach Georgien. Meist sind sie auf Kühlwagen eingesetzt und bringen Fleisch von Georgien nach Zentralasien, das kann Kirgistan sein oder Turkmenistan. Dass Fleisch nach Kirgistan gebracht wird, finden wir hochgradig absurd, hat es doch so viel Weideland und Vieh. Die Reise dauert immer ein paar Wochen. Falls wir in Georgien sind, wenn sie auch daheim sind, sollen wir bei ihnen vorbeischauen und uns den Magen vollschlagen, inklusive Vino.
Ansonsten verläuft die Überfahrt relativ ereignislos, wir wundern uns allerdings, dass das Schiff nicht wirklich auf vollen Touren läuft. Die Auflösung erfahren wir, als Baku schon in Sicht ist. Das Schiff setzt seine Anker und wartet, anscheinend ist eh noch kein Anlegeplatz frei. Dumm ist nur, dass wir nicht wissen wie lange wir zu warten haben, ab 15 Uhr ist schon stillstand und auch am Abend geht nichts weiter. Diese Erfahrung scheinen viele gerade beim Anlegen von Turkmenbashi oder Aktau zu machen, wo selbst tagelanges Warten vorkommt. So hoffen wir nun am Abend, dass das Schiff sich bis zum nächsten Morgen Zeit lässt, es gäbe nichts blöderes als in der Nacht anzukommen und in ein sündhaft teures Hotel in Baku zu müssen. Genau dieser Fall tritt jedoch ein, das Schiff legt um 2 Uhr Nachts in Baku an.

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