Der Busbahnhof von Diyarbakir liegt allerdings 10 km vom Zentrum weg, so dass wir zunächst zweifeln ob wir auf dem richtigen Weg sind. Am Bahnhof sind wir dann allerdings in 3 Minuten verladen, wir können bei einem Bus nach Izmir mitfahren und sind erstaunt über das gute Bussystem. Der Bus ist superkomfortabel und der Service wie in einem Flugzeug. Leider müssen wir nach einer Stunde schon wieder raus. In Siverek werden wir gleich von einem Einheimischen auf einem Rad angesprochen. Dieser führt uns zu seinem Freund, der als Sicherheitsdienst für den Bürgermeister arbeitet und begeisterter Rennradfahrer ist. Insbesondere scheint er ein Trainer der türkischen Bahnradfahrer zu sein und war erst gerade auf der Europameisterschaft, deren Bilder er uns stolz zeigt. Auch in Siverek hat er gewirkt und ein kleines Strassenradteam mit eigenen Mitteln aufgebaut, d.h. er hat die Räder zusammengebastelt. Nach einem längeren Chai geht es für uns weiter. Der Freund vom Trainer bringt uns noch zu einem guten Dönerstand, so dass wir frisch gestärkt in Richtung Atatürk-Stausee fahren können. Der durchschneidet hier die Landschaft und macht auch die Routenplanung schwieriger, bzw. man muss die wenigen Verbindungen über den See nehmen, für uns heisst das anscheinend, dass wir eine Fähre nehmen müssen. Die Gegend wird zunächst nicht spannender, erst als wir wieder in Richtung Berge fahren, ist mehr los. U.a. heizen die Einheimischen mit ihren Mopeds rum. Nicht immer sind die Kerle so nett, wie zu uns, wie wir später im Internet sehen, da eine andere Reiseradlerin hier in der Nähe der Fähre von den Töfffahrern angemacht und bedroht wird.
Wir kommen gerade rechtzeitig an die Fähre an, die nur noch auf zwei, drei Autos wartet um dann voll überzusetzen. Ihre Tage sind gezählt, grosse Brückenpfeiler stehen schon, so dass es bald durchgehend Strasse geben wird. Der Gegenanstieg ist unser Abendbrot, doch einmal mehr haben wir Probleme einen Schlafplatz zu finden. Wir müssen schon sehr gut improvisieren und finden gerade so einen halbwegs uneinsichtigen Platz, der allerdings nicht ganz eben ist.
Das ständige wieder auf die Isomatte-Gerobbe führt natürlich zu
leichten Schlafdefiziten. Nichtsdestotrotz steht morgen der Nemrut Dagi
an, da geht es höhenmetermässig noch einmal zur Sache. Doch zunächst
müssen wir erst einmal am Bergfuss entlang fahren, bis es eine Talpforte
in Richtung Norden gibt. Die Strasse führt zu ihr in eine
eingeschnittene Schlucht hinunter. Erst dahinter weitet sich das Gelände
auf und am folgenden Abzweig ist auch schon der Nemrut Dagi
angeschrieben. Ein grösseres Dorf liegt am Wegesrand, an der Strasse hat
es einige touristische Einrichtungen. Dementsprechend befahren ist die
Strasse auch, viele einheimische Touristen fahren an uns vorbei zum
Nemrut Dagi. Hinter dem Ort wird die Strasse wieder ziemlich steil, so
dass wir froh sind an Mittag bald ein Gasthaus zu erreichen. Dort
verschafft ein Brunnen Kühlung, die Gegend ist sonst absolut trocken und
karg. Als wir beim Essen sind, kommt noch eine türkische Familie dazu,
die perfekt deutsch spricht, sie hatten früher im Ruhrgebiet gewohnt,
der Grossvater erzählt von seinem ersten Ausflug auf den Nemrut Dagi in
den 50er Jahren. Während wir sitzen haben wir die Zahlstation im Auge,
es ist ein Eintritt pro Kopf fällig, zwar wenig, aber nicht wenig genug.
Manchmal hält ein Auto und die Insassen nehmen zu Fuss eine Abkürzung
an der Zahlstelle vorbei.
Die Strasse wird nicht flacher und so
kämpfen wir uns mit unserem Gepäck langsam nach oben. Von einer Anhöhe
sehen wir zum ersten Mal unser Ziel, einen sehr kahlen Felsberg mit
Gebäuden vor dem finalen Anstieg. Leider geht es zunächst noch einmal
runter, um dann mit noch grösserer Steilheit in den Schlussanstieg zu
münden. In Schlangenlinien kämpfen wir uns nach oben. Zwischendurch
taucht eine neu gebaute Station auf, die aber noch nicht in Betrieb ist,
weiter oben ist der umtriebige Parkplatz. Dort hat es Kioske und
allerlei Leute, auch die Familie vom Mittagessen ist noch da. Unser Plan
war nun eigentlich die Räder über den Berg auf die andere Seite zu
schieben, da es dorthin eine Strasse von der anderen Seite hat. Doch
liegen noch einige Treppen dazwischen, für die Dina Bedenken hat.
Christian rekognosziert daher die Strecke und befindet sie für machbar.
So schieben wir diesen Fussweg herauf, der teils auch von Maultieren
begangen wird, um besonders Gehfaule nach oben zu bringen. Wir bekommen
sogar einheimische Unterstützung, einer der Ausflügler hilft das Rad
schieben. So kommen wir doch einigermassen über die Stufen und können
dann flach zu den Statuen schieben. Auf der anderen Seite des Berges hat
es noch einmal die gleichen Statuen, nur sind sie noch etwas besser
erhalten. Zum Glück führt der Weg auf der anderen Seite nicht über
Treppen hinunter, sondern als Kiesstrasse bis zu einem Restaurant, wo
der Teer anfängt. Hier hat es nur drei abgestellte Autos, die Seite ist
somit viel einsamer. Der Wetterbericht für die nächsten Tage verhiess im
Norden eher Regen, es sollte wohl eine Front durchziehen. Entsprechend
nahm die Bewölkung im Laufe des Tages zu, für die Nacht konnte es jedoch
gut sein, dass das Wetter noch hielt. Wir suchten hier oben nach einem
Platz, doch angesichts der vielen Felsflächen war das kein einfaches
Unterfangen, erst bei einer Parkplatzmässig aufgeschütteten Fläche
entdeckten wir noch eine kleine blickgeschützte Unterplattform, auf der
unser Zelt perfekt zu stehen kam.
Am nächsten Morgen mussten wir
nun erst einmal Höhenmeter vernichten, der Himmel sah schon bedrohlicher
aus und leichtes Tröpfeln setzte ein. Dem entkamen wir jedoch mit der
Abfahrt. Die Strasse hier war erstaunlich gut ausgebaut und noch recht
neu, sonst hätte man sich hier in der Zeit zurückgesetzt gefühlt, so
einfach sahen die Häuser hier teilweise aus. Leider sollte unsere teils
sehr steile Abfahrt nicht ewig weitergehen, und die nächsten
Gegensteigungen standen schon an. Doch zunächst folgen wir erst einmal
einem leicht steigenden Tal. Der Wind frischt leider auf. Nach einigen
Auf- und Ab erreichen wir ein grösseres Dorf in dessen Supermarkt wir
uns gut verpflegen können, dann folgt die nächste lange Abfahrt, vorbei
an einem Camping müssen wir tief hinunter zu einem breiten Schotterbett.
Die drohende Gegensteigung mit über 1000 m wartet auf der anderen
Talseite. Da wir nun auf eine andere Strasse einmünden ist hier mehr
los. Stetig pedalieren wir uns höher , auf halbem Weg kommt uns ein
Radfahrer entgegen. Ein Türke aus Ankara mit seinem einfachen Faltrad,
der sich gestern von Malatya auf diesen Pass gekämpft hat. Mit 5 Gängen
war das eher mühsam, er meinte er hätte viel geschoben. Er will auch zum
Nemrud Dagi und dann weiter bis Mekka (also eine Hadsch). Wir enthalten
ihm unsere Skepsis nicht vor, da der Anstieg zum Nemrud wohl steiler
ist als jener auf den Pass, zudem hoffen wir, dass Allah seine
schützende Hand über ihn bei den Abfahrten hält. Felgenbremsen und
kleine Laufräder sind bei den Abfahrten eine ungünstige Kombination.
Kurz vor der Passhöhe ist die alte Strasse gesperrt und wir werden auf
die breite neue Strasse geleitet, nun fängt es auch endlich an zu
regnen. Obwohl hier oben keine Orte mehr sind, taucht ein Reiterjunge
auf und trabt voraus. Das Besondere daran ist, dass er keinen Sattel und
nur einen Strick als Saumzeug verwendet. Nach einem Gruss kehrt er
wieder um. Kurz vor dem Pass bricht dann der Sturm los, extrem starke
Windböen zwingen uns immer wieder zu kurzen Pausen. Die Abfahrt wird
dementsprechend unberechenbar und muss ganz vorsichtig angegangen
werden, bei den wechselnden Windverhältnissen von der Seite kann man
leicht umgeblasen werden. Die Abfahrt wird so zur Nervensache. Wir sind
froh, als wir endlich unten sind und in Richtung Autobahn fahren können.
Diese wird gerade ausgebaut, so haben wir leider nicht überall einen
Randstreifen. Erst kurz vor Malatya bricht der echte Regen los, das
vorher war nur Vorgeplänkel. Im Gassenwirrwarr ist es erst einmal
schwierig ein Hotel zu finden, das auch noch im Preisrahmen sein soll.
Nach ein paar Irrgängen finden wir ein einfaches familiäres Hotel.
Der
Abend wird noch für einen ausgiebigen Spaziergang genutzt. Nach dem
Essen treffen wir auf der Strasse noch einen Einheimischen, der uns zum
Tee einladen will und uns endlos zutextet. Seine Sicht der Welt ist
etwas verworren, so ist es schwierig mit ihm zu diskutieren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen