Freitag, 18. Oktober 2013

Über den Nemrut Dagi nach Malatya

Der Busbahnhof von Diyarbakir liegt allerdings 10 km vom Zentrum weg, so dass wir zunächst zweifeln ob wir auf dem richtigen Weg sind. Am Bahnhof sind wir dann allerdings in 3 Minuten verladen, wir können bei einem Bus nach Izmir mitfahren und sind erstaunt über das gute Bussystem. Der Bus ist superkomfortabel und der Service wie in einem Flugzeug. Leider müssen wir nach einer Stunde schon wieder raus. In Siverek werden wir gleich von einem Einheimischen auf einem Rad angesprochen. Dieser führt uns zu seinem Freund, der als Sicherheitsdienst für den Bürgermeister arbeitet und begeisterter Rennradfahrer ist. Insbesondere scheint er ein Trainer der türkischen Bahnradfahrer zu sein und war erst gerade auf der Europameisterschaft, deren Bilder er uns stolz zeigt. Auch in Siverek hat er gewirkt und ein kleines Strassenradteam mit eigenen Mitteln aufgebaut, d.h. er hat die Räder zusammengebastelt. Nach einem längeren Chai geht es für uns weiter. Der Freund vom Trainer bringt uns noch zu einem guten Dönerstand, so dass wir frisch gestärkt in Richtung Atatürk-Stausee fahren können. Der durchschneidet hier die Landschaft und macht auch die Routenplanung schwieriger, bzw. man muss die wenigen Verbindungen über den See nehmen, für uns heisst das anscheinend, dass wir eine Fähre nehmen müssen. Die Gegend wird zunächst nicht spannender, erst als wir wieder in Richtung Berge fahren, ist mehr los. U.a. heizen die Einheimischen mit ihren Mopeds rum. Nicht immer sind die Kerle so nett, wie zu uns, wie wir später im Internet sehen, da eine andere Reiseradlerin hier in der Nähe der Fähre von den Töfffahrern angemacht und bedroht wird.
Wir kommen gerade rechtzeitig an die Fähre an, die nur noch auf zwei, drei Autos wartet um dann voll überzusetzen. Ihre Tage sind gezählt, grosse Brückenpfeiler stehen schon, so dass es bald durchgehend Strasse geben wird. Der Gegenanstieg ist unser Abendbrot, doch einmal mehr haben wir Probleme einen Schlafplatz zu finden. Wir müssen schon sehr gut improvisieren und finden gerade so einen halbwegs uneinsichtigen Platz, der allerdings nicht ganz eben ist.











Das ständige wieder auf die Isomatte-Gerobbe führt natürlich zu leichten Schlafdefiziten. Nichtsdestotrotz steht morgen der Nemrut Dagi an, da geht es höhenmetermässig noch einmal zur Sache. Doch zunächst müssen wir erst einmal am Bergfuss entlang fahren, bis es eine Talpforte in Richtung Norden gibt. Die Strasse führt zu ihr in eine eingeschnittene Schlucht hinunter. Erst dahinter weitet sich das Gelände auf und am folgenden Abzweig ist auch schon der Nemrut Dagi angeschrieben. Ein grösseres Dorf liegt am Wegesrand, an der Strasse hat es einige touristische Einrichtungen. Dementsprechend befahren ist die Strasse auch, viele einheimische Touristen fahren an uns vorbei zum Nemrut Dagi. Hinter dem Ort wird die Strasse wieder ziemlich steil, so dass wir froh sind an Mittag bald ein Gasthaus zu erreichen. Dort verschafft ein Brunnen Kühlung, die Gegend ist sonst absolut trocken und karg. Als wir beim Essen sind, kommt noch eine türkische Familie dazu, die perfekt deutsch spricht, sie hatten früher im Ruhrgebiet gewohnt, der Grossvater erzählt von seinem ersten Ausflug auf den Nemrut Dagi in den 50er Jahren. Während wir sitzen haben wir die Zahlstation im Auge, es ist ein Eintritt pro Kopf fällig, zwar wenig, aber nicht wenig genug. Manchmal hält ein Auto und die Insassen nehmen zu Fuss eine Abkürzung an der Zahlstelle vorbei.
Die Strasse wird nicht flacher und so kämpfen wir uns mit unserem Gepäck langsam nach oben. Von einer Anhöhe sehen wir zum ersten Mal unser Ziel, einen sehr kahlen Felsberg mit Gebäuden vor dem finalen Anstieg. Leider geht es zunächst noch einmal runter, um dann mit noch grösserer Steilheit in den Schlussanstieg zu münden. In Schlangenlinien kämpfen wir uns nach oben. Zwischendurch taucht eine neu gebaute Station auf, die aber noch nicht in Betrieb ist, weiter oben ist der umtriebige Parkplatz. Dort hat es Kioske und allerlei Leute, auch die Familie vom Mittagessen ist noch da. Unser Plan war nun eigentlich die Räder über den Berg auf die andere Seite zu schieben, da es dorthin eine Strasse von der anderen Seite hat. Doch liegen noch einige Treppen dazwischen, für die Dina Bedenken hat. Christian rekognosziert daher die Strecke und befindet sie für machbar. So schieben wir diesen Fussweg herauf, der teils auch von Maultieren begangen wird, um besonders Gehfaule nach oben zu bringen. Wir bekommen sogar einheimische Unterstützung, einer der Ausflügler hilft das Rad schieben. So kommen wir doch einigermassen über die Stufen und können dann flach zu den Statuen schieben. Auf der anderen Seite des Berges hat es noch einmal die gleichen Statuen, nur sind sie noch etwas besser erhalten. Zum Glück führt der Weg auf der anderen Seite nicht über Treppen hinunter, sondern als Kiesstrasse bis zu einem Restaurant, wo der Teer anfängt. Hier hat es nur drei abgestellte Autos, die Seite ist somit viel einsamer. Der Wetterbericht für die nächsten Tage verhiess im Norden eher Regen, es sollte wohl eine Front durchziehen. Entsprechend nahm die Bewölkung im Laufe des Tages zu, für die Nacht konnte es jedoch gut sein, dass das Wetter noch hielt. Wir suchten hier oben nach einem Platz, doch angesichts der vielen Felsflächen war das kein einfaches Unterfangen, erst bei einer Parkplatzmässig aufgeschütteten Fläche entdeckten wir noch eine kleine blickgeschützte Unterplattform, auf der unser Zelt perfekt zu stehen kam.













Am nächsten Morgen mussten wir nun erst einmal Höhenmeter vernichten, der Himmel sah schon bedrohlicher aus und leichtes Tröpfeln setzte ein. Dem entkamen wir jedoch mit der Abfahrt. Die Strasse hier war erstaunlich gut ausgebaut und noch recht neu, sonst hätte man sich hier in der Zeit zurückgesetzt gefühlt, so einfach sahen die Häuser hier teilweise aus. Leider sollte unsere teils sehr steile Abfahrt nicht ewig weitergehen, und die nächsten Gegensteigungen standen schon an. Doch zunächst folgen wir erst einmal einem leicht steigenden Tal. Der Wind frischt leider auf. Nach einigen Auf- und Ab erreichen wir ein grösseres Dorf in dessen Supermarkt wir uns gut verpflegen können, dann folgt die nächste lange Abfahrt, vorbei an einem Camping müssen wir tief hinunter zu einem breiten Schotterbett. Die drohende Gegensteigung mit über 1000 m wartet auf der anderen Talseite. Da wir nun auf eine andere Strasse einmünden ist hier mehr los. Stetig pedalieren wir uns höher , auf halbem Weg kommt uns ein Radfahrer entgegen. Ein Türke aus Ankara mit seinem einfachen Faltrad, der sich gestern von Malatya auf diesen Pass gekämpft hat. Mit 5 Gängen war das eher mühsam, er meinte er hätte viel geschoben. Er will auch zum Nemrud Dagi und dann weiter bis Mekka (also eine Hadsch). Wir enthalten ihm unsere Skepsis nicht vor, da der Anstieg zum Nemrud wohl steiler ist als jener auf den Pass, zudem hoffen wir, dass Allah seine schützende Hand über ihn bei den Abfahrten hält. Felgenbremsen und kleine Laufräder sind bei den Abfahrten eine ungünstige Kombination. Kurz vor der Passhöhe ist die alte Strasse gesperrt und wir werden auf die breite neue Strasse geleitet, nun fängt es auch endlich an zu regnen. Obwohl hier oben keine Orte mehr sind, taucht ein Reiterjunge auf und trabt voraus. Das Besondere daran ist, dass er keinen Sattel und nur einen Strick als Saumzeug verwendet. Nach einem Gruss kehrt er wieder um. Kurz vor dem Pass bricht dann der Sturm los, extrem starke Windböen zwingen uns immer wieder zu kurzen Pausen. Die Abfahrt wird dementsprechend unberechenbar und muss ganz vorsichtig angegangen werden, bei den wechselnden Windverhältnissen von der Seite kann man leicht umgeblasen werden. Die Abfahrt wird so zur Nervensache. Wir sind froh, als wir endlich unten sind und in Richtung Autobahn fahren können. Diese wird gerade ausgebaut, so haben wir leider nicht überall einen Randstreifen. Erst kurz vor Malatya bricht der echte Regen los, das vorher war nur Vorgeplänkel. Im Gassenwirrwarr ist es erst einmal schwierig ein Hotel zu finden, das auch noch im Preisrahmen sein soll. Nach ein paar Irrgängen finden wir ein einfaches familiäres Hotel.
Der Abend wird noch für einen ausgiebigen Spaziergang genutzt. Nach dem Essen treffen wir auf der Strasse noch einen Einheimischen, der uns zum Tee einladen will und uns endlos zutextet. Seine Sicht der Welt ist etwas verworren, so ist es schwierig mit ihm zu diskutieren.








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