Dienstag, 23. April 2013

Über den ersten hohen Pass nach Shangri La

Hier in Fellai Si waren wir nun wieder auf dem Touristenpfad, bzw. einer der Zugangsrouten nach Lhasa. Einige chinesische Radfahrer kommen hier täglich durch auf der 214, sie fahren rauf zur 318, welche von Chengdu nach Lhasa führt und wohl die Hauptroute darstellt, wahrscheinlich sind da an die 100 Radler pro Tag zu sehen. Auch viele motorisierte Touristen sind hier unterwegs, sei es mit Auto, sei es mit Bussen. In der Unterkunft in der wir abstiegen war sowohl eine Gruppe Busreisende einquartiert, als auch ein Pärchen mit recht neuem Toyo. Die Busreise sollte sogar bis Kathmandu gehen, weshalb die Teilnehmer zum Teil sogar ihre Englischkenntnisse aufgefrischt hatten, so dass wir endlich uns mal wieder mit Chinesen unterhalten konnten. Wir mussten ihnen erst beibringen, dass wir nicht auf dem Weg nach Lhasa sind, weil das für uns auch gar nicht möglich ist, da Tibet nicht individuell bereisbar ist, zudem scheint diese Route von Yunnan nach Lhasa selbst mit Führer für Westler gesperrt zu sein.
Aber viele Chinesen kommen auch nur hierher um den Kawagebo zu sehen, so wie wir. Und trotz zunehmender Bewölkung am Tag haben wir am Abend sogar das Glück gehabt einmal freie Sicht zu bekommen, gegen Sommer wird das wohl immer schwieriger, so dass einige Touristen vergeblich hierher kommen. Nur der Damenberg zeigt sich am Abend nicht mehr, aber den hatten wir ja am Morgen schon. Der Radfahrer, der uns in die Unterkunft gelotst hat, arbeitet auch dort, da ihm wohl das Geld ausgegangen ist. Er ist von Kunming nach Lhasa unterwegs und wir diskutieren unsere Route, für ihn ist sie erst einmal nicht verständlich, bis ihm das mit der Tibetbeschränkung klar wird. An Rädern wird hier meist ein gutes Giant oder Merida mit Scheibenbremsen gefahren, dazu noch ein Gepäckträger für hinten mit einer Dreifachtasche. Man trifft aber auch seltener deutlich einfacher reisende Chinesen, welche ihr Dreigangrad zum Teil die Pässe hochschieben oder ein Klapprad fahren, wobei da durchaus noblere Marken dabei sind, wie ein Birdy, sonst einfachere Dahons.

Blick zum Kawagebo-Aussichtstouristendorf wo auch wir übernachteten
Die Sonne geht unter
Dina mit Lahsareisenden (mit oder ohne Rad), rechts unser Zimmerkollege

Auch am Morgen haben wir noch einmal Glück, der Berg zeigt sich noch einmal, nur die Rotfärbung stellt sich heute nicht ein, dafür steht man eigentlich extra früh auf in Fallai Si. Die andere Attraktion hier soll ein Tempel sein, aber nachdem er Eintritt kostet sparen wir ihn uns, wir sind für den Blick da. In der Nacht haben wir erstmals Heizdecken benutzt, die Matratze ist von unten beheizt, was hier in 3500 m Höhe ganz angenehm ist, die Räume sind überhaupt nicht isoliert oder beheizt. Wegen der Kälte fahren wir auch nicht ganz früh los und rollen dann nach 9 Uhr gegen Deqin zurück, es geht leicht bergab. Der Ort liegt am oberen Ende auf 3300 m, nicht auf 3500 m, wie uns der Reiseführer weis machte. Am Markt werden noch Chips gekauft, die hier offen erhältlich sind, anscheinend sind wir hier im Kartoffelland, auch Pommes gäbe es und Butter, welche allerdings nur in sehr grossen Humpen verkauft wird.
Nun geht es gegen der Pass, der auf 4300 m liegt, ein Vorpass könnte bereits durch einen Tunnel abgekürzt werden. Hier an der Strasse wurde wohl im letzten Jahr gross gebaut und nach Angaben aus dem Internet befürchteten wir hier weitere Baustellen. Die Befürchtungen traten zum Glück nicht ein, es wurden zwar noch Teile fertiggestellt, aber alles in allem war die Strasse gut fahrbar. Nur bei den Tunnels waren die Chinesen noch nicht so weit, nur der erste Tunnel hinter Deqin war bereits fertiggestellt, aber noch für den Verkehr gesperrt, mit dem Rad hätte man die 1.5 km fahren können und sich so eine Stunde Umweg über einen kleinen Vorpass sparen können. Da dort aber noch ein Kawagebo-Aussichtspunkt war, entschieden wir uns die Schlaufe zu machen. Der Kawagebo entschädigt uns für den Weg und zeigt sich nochmal inmitten der Wolken. Leider verlieren wir die gemachten Höhenmeter wieder zum Teil und finden uns dann mitten im Hauptanstieg. Die Strasse macht nun einige Kehren, an einer essen wir Mittag. Wenig später zweigt die alte Strasse ab und die Neue führt zu einem Tunnel. Da dieser noch nicht fertig ist, wird auf die alte Strasse umgeleitet, hier ist auf den Schildern der Tunnel wenigstens durchgestrichen, bei anderen Neubaustrecken fehlen Hinweise manchmal völlig. Die Hänge hier sind voller Rhododendren, welche aber leider noch nicht blühen, sonst würden wir durch ein weisses Blumenmeer fahren. Der Anstieg zieht sich noch etwas, am Pass treffen wir dann auf 4 chinesische Radfahrer, die schon dick eingemummt auf einen Kollegen warten. Da es kühl ist machen wir uns bald auf die Abfahrt, welche ein kurzes Vergnügen ist, wir haben noch einen weiteren Pass zu überqueren. Wenn die Tunnels einmal fertig sind, fahren die Autofahrer wohl alle unten durch, die Anzahl der Wintersperren soll so reduziert werden. Die Tunnel liegen dennoch teils in beträchtlicher Höhe etwa auf 4100 m. Am nächsten Pass ist noch mehr los als am ersten Pass, viele rote Buspassagiere vergnügen sich im Schnee. Wir fahren zu einem kleinen Verschlag weiter unterhalb, welcher wohl anderen Radfahrern schon als Unterkunft gedient hat, und kleiden uns dort für die Abfahrt ein. Mittlerweile hat ein kleiner Schneesturm eingesetzt, der zum Glück bald aufhört, sonst hätten wir noch auf nasse Fahrbahnen Acht geben müssen. Die Abfahrt kommt uns endlos vor, wir wundern uns immer wenn wir auf den Höhenmesser schauen, dass wir nicht schon tiefer sind, dann wäre es auch wärmer. Die neue Trasse ist hier teils anders geführt, als die Alte und noch im Bau, aber der feste Unterbelag ist überall fertig, so dass wir auch hier leidlich abfahren können. Jetzt passieren wir einige Bauarbeiter, welche teils die Asphaltdecke machen, Begrenzungsmauern bauen oder Bäume pflanzen.

Auch mit den aufziehenden Wolken ist der Kawagebo schön
Markt in Deqin, in der Schüssel sind feine Homemade Pommmes Chips!
Blick zurück auf Deqin
Auch Einheimische geniessen die Aussicht
Für Touristen und somit für uns
Ein letztes Mal der Heilige Berg Kawagebo
Schön sind die Gebetsfahnen im Wind
Das Panorama werden wir nicht so schnell vergessen
Wer braucht da schon Ortliebtaschen - er war übrigens der erste am Tag, der uns entgegen kam
Schön hangparallele Strassenführung
Dank nicht zu steilen Anstiegen ist das Hochfahren sogar für Dina ein Genuss
Passhöhe erreicht = Fototermin
Chinesische Radler aus der Gegenrichtung mit Schutzhaus auf Passhöhe
Die Schneegrenze ist nah
Kurze Strecke ohne Asphalt
Ein Buddistischer Brauch, Papierzettel mit Gebeten werden in den Wind geworffen
Unten blau zu sehen die Tunnelbaustelle
Nun sind auch wir im Schnee
Auch die Strasse zum Tunnel ist noch im Bau
Schöner Blick zum Talausgang
Sich gut einpacken, die Abfahrt ist kalt und lang
Wieder auf der neuen Strasse

Wir sind um 16:30 am Pass abgefahren und erst um 18:30 im ersten Ort, wo es auch eine Unterkunft gibt. Als wir in den Hof einfahren stehen schon eine Menge chinesischer Radfahrer dort, sie sind auf dem Weg nach Lhasa und hatten wohl auch einen langen Tag, zumindest sind sie gerade erst angekommen. Der Herbergsbesitzer hat wohl keine Eile die Betten zu verteilen und nachdem wir uns eher auf ein eigenes Zimmer eingerichtet haben fahren wir doch noch weiter, es hat nur 8-Bett-Zimmer. Die anderen Radler meinen, wir sollen doch nach Benzilian fahren, das sei zwar nur 22 km weiter, dafür immer bergab. Ein bisschen Gegensteigungen sind schon drinnen, so dass wir erst nach einer guten Stunde dort sind und ein Hotel beziehen. Auch das Abendessen können wir dort haben. Das stellt sich als Fehler heraus, anscheinend ist man hier nur auf Fischsuppe spezialisiert. Doch als wir zustimmen bekommen wir einen Riesentopf, welchen auch die Gruppe neben uns schon verzehrt hatte. Zudem ist die Suppe ungeniessbar, nicht vom Geschmack her, den kann man nämlich gar nicht mehr wahrnehmen, sondern von der Schärfe. Für das Ganze, was wir fast nicht konsumieren können, bis auf den Reis, den wir noch dazubestellen, müssen wir 110 Yuan zahlen. Unser bisher grösster essenstechnischer Reinfall auf der Reise. Dafür war der Tag grandios und die Strecke hat bei Dinas Ranking Angkor Wat vom ersten Platz verdrängt. Die Abfahrt nach Benzilian war nochmal ein neues landschaftliches Erlebnis, vom Wald in die Trockenheit und sehr tiefe Täler, wir sind jetzt am Yangtse, bzw. Jinsha. So hatten wir insgesamt 2100 m Abfahrt. Am nächsten Tag geht es zunächst den Yangtse entlang, allerdings mit ordentlichem Gegenwind. Dieser erleichtert uns die Routenentscheidung, wir hätten später noch entscheiden können, ob wir weiter am Yangtse entlang fahren wollen oder über Shangri La fahren, bei dem Gegenwind lassen wir den Yangtse lieber, zumal wir am Vortag entdeckt hatten, dass bei Shangri La ein sehr bedeutendes Kloster sein soll. Zunächst geht es aber über den nächsten Pass. Obwohl, da taucht mal wieder eine Verzweigung auf, welche wir nicht auf dem Radar hatten, die neue Strasse bleibt am Yangtse, ist aber noch auf keiner Karte verzeichnet. Leider ist sie aber gesperrt, an der Sperre der Posten erklärt mittels eines anderen Autofahrers, der dolmetscht, dass die Strasse durch einen Erdrutsch blockiert ist. Leider kennt er die Stelle selbst nicht und kann nicht sagen ob wir mit dem Velo durchkommen. Da wir nicht wissen, wie weit wir zur fraglichen Stelle fahren müssten, nehmen wir doch lieber die alte Strasse, welche gleich zu Beginn durch eine eindrucksvolle Schlucht führt. Das Dorf im Anschluss sieht wieder ursprünglich aus und lebt mit Verkaufsständen ein bisschen von der Strasse. Wir spekulieren schon, dass die Dorfbewohner den Erdrutsch ausgelöst haben und sind gespannt wo die neue Strasse wieder zu uns stösst. Die alte Strasse führt ein weiteres Seitental hinter um dann in grossem Bogen einen Hang zu gewinnen, der uns hoch über das Seitental führt. Mittag würden wir zwar gerne in einem Restaurant essen, doch im Anstieg taucht leider keines auf, nur wenige Orte liegen direkt an der Strasse. So machen wir es uns im Windschatten einer budhistischen Stupa gemütlich. Der Pass kommt früher als erwartet, wir hatten die Höhenlinien der Russenkarte nicht ganz korrekt interpretiert und hinter dem Pass wird dann die neue Trasse wieder drauf geführt. Der nächste Pass folgt sogleich, aber nur von 3100 m auf 3500 m. An seinem Fusse kann man ein niegelnagelneues Skigebiet bewundern, bestehend aus einer superflachen und einer supersteilen Piste, das dürfte einige Knochenbrüche fabrizieren. Auch heute war die Landschaft wieder eindrücklich, insbesondere der erste Pass und hinter dem zweiten Pass wechselt sie noch einmal. Shangri La liegt in einer weiten Hochebene, die einen ganz anderen Landschaftscharakter hat als die bewaldeten Berge drumherum. Mit der Wolkenstimmung erinnert es uns an den hinteren russischen Altai bei Kosh Agatsch. Auf dem Weg in die Stadt passieren wir noch ein paar Dörfer, wie auch sonst in der Gegend werden hier einige traditionelle tibetische Häuser hochgezogen. Die Mauern werden dabei aus Lehm gestampft, die Innenauskleidung besteht aus jeder Menge Holz, welches teils schön verziert ist. Nur Fenster sind meist Mangelware, manchmal nur zwei pro Seitenwand, dabei sind die Häuser teils gross wie Burgen.
Stattliches Haus im Bau, und es war hier nicht das einzige
Die Hänge sind steil
Grün gibt es wieder nur bei den Dörfern
Am Fluss Yangtze angelangt
So ein Hut ist schon gut
Leider mit Gegenwind, dafür mit schöner Sicht dem Yangtze entlang
Hängebrücke
Zu unserem erstaunen gibts eine neue Strasse die weiter dem Yangtze entlang führt
Da wir nicht wissen ob sie wirklich durchgeht folgen wir der Standardroute
Spektakuläre Brücke
Schöne Schlucht
Als die Strasse vom Yangze wegführt wird es grün, die Strasse wird aber in Zukunft anders geführt

Lange gleichmässige Steigung (sie führt noch um den Berg rum)
Die Vegetation ist alpin
Chinesiche Wanderer mangels Alternative auf der Hauptstrasse
Skigebiet vor Shangri-La

Erster Blick zur Hochebene von Shangri-La
Trotz Wolken herrscht sehr klare Sicht
Shangri La ist natürlich auch wieder eine Stadt im Wachstum und daher erst einmal etwas unübersichtlich. Letztlich fährt man aber die Hauptstrasse entlang und sucht nach Hotels, erst an ihrem Ende werden wir fündig. Nach einem Essen geht es noch ins Internet, welches wir feiner Weise direkt im Zimmer haben, der Schlachtplan für den Folgetag ist auch schon ausgearbeitet. Wir bleiben da, besichtigen das Kloster und ordnen mal wieder unsere Sachen. Christian muss ein bisschen am Rad schrauben und nach Radteilen schauen wir sowieso. Allerdings ist Shangri La da ein bisschen eine Enttäuschung, es hat zwar viele Räder hier, jedoch keinen wirklich grossen Radladen, welcher auch etwas bessere Teile führen würde. Auch in den Buchläden werden wir nicht einer guten Karte von Sichuan fündig. Dorthin wollen wir als nächstes. Dafür fährt vor dem Buchladen gerade eine westliche Radlerin, welche sofort gestoppt wird. Es ist ein französisches Ehepaar auf mehrmonatiger Tour, wir verabreden uns noch für den Abend, sie sind etwas länger hier um ihr Visum zu verlängern.
Am Nachmittag schauen wir noch in das bekannte Kloster, Dina hatte schon herausgefunden, dass die 35 Yuan aus dem Reiseführer nicht mehr aktuell sind und 85 Yuan zu berappen wären. Anscheinend steigen die Preise aber täglich, so dass es bei uns schon 115 Yuan sind. Nicht jeder Tourist zahlt diesen Preis, wir denken aber, dass zumindest eine Besichtigung eines Klosters gerechtfertigt ist und da der Reiseführer es als Bedeutendstes Südwest-Chinas bezeichnet, sollte es ja lohnend sein. Es ist allerdings nicht mehr ganz original. Viele Teile wurden während der Kulturrevolution zerstört, so dass man nun nur einen Neubau besichtigen kann. Das Kloster besteht aus mehreren Tempel, deren Wände mit bunten Malereien verziert sind. Die Motive wiederholen sich natürlich und sind nicht unbedingt nach unserem Geschmack, recht roh erscheint einem die Götterwelt des Budhismus und manchmal recht naiv die Malkunst. Leider treffen wir nur wenige Mönche im Kloster an, nur einem können wir bei seinen Gesängen lauschen. Am Abend essen wir noch mit Martine und Dominique, sie waren in Südostasien auf ähnlicher Route wie wir unterwegs, davor aber bereits den langen Weg von daheim hierher. Auch sie fahren gegen Norden, können uns aber noch für unser nächstes Ziel, die Tiger Leaping Gorge, motivieren, dort waren sie gerade.
Am Abend bekommen wir noch Mail von Stephan, der gerade in Shangri La eingetroffen ist, wir kannten ihn von den 4000 Inseln in Laos. Wir verabreden uns für den nächsten Tag. Für ihn war die Strecke hierher recht anstrengend, weshalb er sich Gedanken für die Weiterfahrt macht, die ja noch anspruchsvoller werden soll. Aber zunächst bleibt er ein paar Tage in Shangri La, auch er muss das Visum verlängern. Wir sind froh, dass uns diese lästige Pflicht durch das 90 Tagevisum erspart bleibt. Da der Tag uns mit strahlend blauem Himmel begrüsst, halten wir es aber nicht noch lange in der Stadt aus. Nach eiligem Packen kommen wir um 11:30 los. Zwischenzeitlich konnten wir Stefan noch mit den Franzosen bekannt machen, er war froh um Hilfe bei der Verlängerung und zufällig liefen sie uns gerade über den Weg.

Kloster von Shangri-La
Jede Menge Verziehrungen schon am Eingangstor
Im Vordergrund die Wohnhäuser der Mönche
Wände und Decken sind mit vielen farbigen Malereien verziert
Gebetssaal
So viele...
Grösser als ein Mensch
Sehr schön wirken die goldigen Verziehrungen auf den Dächern
Auf der Dachterasse des Hauptgebäudes
Drache oder Elefant?
Sehr schöne Messer und Dolche (auch als Souvenir gedacht)

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