Donnerstag, 21. März 2013

Auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad

Nicht ganz früh verlassen wir Tahoy, es geht wieder zurück über die grosse Brücke und bei den Minenräumern rechts ab. Sowohl aus google earth als auch von Motorradkollegen ist uns der Streckenverlauf bekannt. Die Strecke beginnt angenehm, leicht hügelig und gut vom Bodenbelag, ausserdem hat es ein paar Dörfer am Wegesrand. Nach einigen Kilometern kommt allerdings unangenehmes vietnamesisches Kopfsteinpflaster auf, fast so wie die Militärstrasse am Grünbergpass, zum Glück gibt es bald darauf eine Mopedparallelspur auf der man nicht so durchgeschüttelt wird. Die Piste muss ab und an ein Bächlein queren, diese haben jetzt wenig Wasser und sind meist ohne Schuhe abziehen zu queren. Mal wird von Stein zu Stein gesprungen, oder es hat ein Metallbrett, über das man mitsamt dem Rad hinüberschiebt. Die Landschaft sieht noch recht ursprünglich aus und ebenso die Dörfer. Eine Besonderheit hier ist, dass die Leute am Wegesrand, vor allem Frauen und Kinder, teils grosse Angst vor uns haben und sobald sie uns sehen, davon rennen. Bei einer Begegnung lässt eine Frau ihren Sack fallen und stürzt davon, die zweite Frau nimmt das Kind unter den Arm und rennt ohne Rücksicht auf Verluste (der Reis im offenen Behälter wird dabei teils verschüttet) in den nächsten Pfad. Die Fahrt ist ein angenehmer Kontrast zu den zwei ersten Tagen nach Tahoy, anscheinend durfte der Ho-Chi-Minh-Pfad nicht zu steil angelegt werden. So erklimmen wir früher als erwartet einen kleinen Pass, wohinter es auf schlechterer Piste weiter geht. Hier wird es ein wenig ausgewaschener, was aber bei geeigneter Spurwahl sogar Spass in der Abfahrt macht. Es sind nun auch kaum Spuren von grossen Fahrzeugen zu sehen, nur von Mopeds. Die Piste ist hier richtig schön zugewachsen, d.h. teils hat es ein Pflanzendach und auch die Berge ringsum haben meist noch ihre ursprüngliche Vegetation. Nach 5 Kilometern hören wir in der Ferne Fahrzeuggeräusche und wenig später stehen zwei alte amerikanische Militärjeeps vor uns. Ein paar amerikanische Touristen sind auf geführter Tour auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad unterwegs und wohl selbst ganz erstaunt andere Touristen hier zu sehen. Wir fragen nach der Wegbeschaffenheit und bekommen noch die Information, dass es unterwegs in Nong ein Guesthouse gäbe. Das war gar nicht auf unserem Radar und lässt bei Dina gleich den Gedanken für ein Tagesziel aufkommen. Die Piste soll so weiter gehen wie bisher und irgendeine bekannte Hängebrücke noch kommen. Ab dem Treffpunkt mit den Jeeps ist die Piste aber wieder deutlich besser und wir sehen oft noch die Spuren der Jeeps. Nur einmal kommt noch ein grösserer Bach, der tief eingeschnitten ist. Es ist schon nach 11 Uhr und daher sehr heiss, was Dina noch einmal zu einem Ausruf veranlasst. Dieser hat gefruchtet, das Gelände ist danach nicht mehr so steil und wir rollen eher wieder runter. Kurz darauf ist eine grössere Wegvergabelung, das Kopfsteinpflaster des Ho-Chi-Minh-Pfades und unser eingezeichneter Track gehen links ab, die überwiegende Zahl der Mopedspuren und auch die beiden Jeepspuren verlaufen rechts. Wir wagen den Versuch und folgen, wir wollen ja nicht die Hängebrücke verpassen. Es folgt bald darauf ein Dorf und danach ein grösserer Fluss. Es ist der Gleiche, der auch durch Tahoy fliesst. Es ist eine Menge los am Fluss, es wird Kleidung gewaschen aber auch einfach nur gebadet. Im Hintergrund sehen wir eine fragile Bambuskonstruktion, welche wohl als Brücke in der Regenzeit verwendet wird. Jetzt in der Trockenzeit können wir einfach durchschieben. Christian nützt die lauwarme Kühle des Wassers und legt sich kurz in die Strömung, dann geht es weiter auf Schattensuche, es ist bereits Mittag. Am Fluss hat es sogar ein paar Mikroturbinchen, die ein Meter Gefälle ausnutzen. Dürre Drähte führen zu zwei Dörfern an beiden Seiten des Flusses. Im nächsten Dorf hat es sogar eine Art Laden, nur wenige Artikel stehen zur Auswahl: Bier, Energy Drink und Nescafépulver. Wir fahren noch ein Stück und sind erstaunt als wir an eine Weggabelung mit einer noch besser präparierten Piste kommen. Praktischer Weise steht dort der gewünschte Schattenbaum und so gibt es ein einfaches Mittagessen. Reste von Reis mit einer Sauce, die wir noch vom Flugzeug dabei hatten und Keksbrösmeli mit Marmelade. Hier ist nun wieder mehr los und ab und zu kommt ein Moped, Fussgänger oder sogar Pickup vorbei. Nachdem wir gegessen haben kommen noch drei Leute auf zwei Mopeds daher und halten bei uns. Sie wollen sich wohl mit uns unterhalten. Wir erläutern kurz wo wir hin wollen, sie scheinen gerade von daher zu kommen und wir glauben zu vernehmen, dass sie uns bei sich zu Hause zum Essen einladen wollen. Wenig später haben wir den Eindruck, dass sie eher ein Restaurant meinen, welches vielleicht hier zu finden ist, bis sie immer offener von uns Geld wollen. Natürlich wäre das zum Essen. Als wir ihnen von unserem Essen, zugegeben nur Brösmelikekse, anbieten, wollen sie es nicht nehmen, auch eine Dose Makrelen interessiert nicht. Nun versuchen sie es mit Geld für Benzin. Ich biete Benzin vom Kocher an, aber auch das wollen sie nicht. Sie werden immer aufdringlicher und machen keine Anstalten davon zu gehen. Nach einiger Zeit und einigen Versuchen, ohne sie zu verärgern, nicht auf ihre Forderung einzugehen, geht Christian kurz weg und kramt die gewünschten 10000 Kip heraus. Als er mit zwei 5000er Scheinen zurückkommt, wollen sie auf einmal 10000 Kip für jeden von ihnen. Wir drücken ihnen die 2 Scheine in die Hand, aber leider gehen sie immer noch nicht, sondern wollen noch mehr, neben Geld, noch weiteres Essen, plötzlich interessieren sie auch unsere Sonnenbrillen und Handschuhe und unsere Sitzplane. Zu viel ist zu viel, wir versuchen schnell zu packen und weiter zu fahren. Leider war die ganze Zeit kein anderes Fahrzeug gekommen, sonst hätten wir da um Hilfe gebeten. Als wir weiter radeln folgen sie uns mit den Mopeds, wir bleiben stehen, da wieder en tief eingeschnittenes Tal kommt. Zum Glück überholen sie uns, dabei waren sie vorher aus eben dieser Richtung gekommen. Vor dem tiefen Tal warten wir noch die letzte Mittagshitze ab und beruhigen uns wieder, das war die erste unangenehmere Begegnung auf unserer Reise, dabei war von allen Laos als so freundliches Land beschrieben worden, schwarze Schafe gibt es aber überall.
Am Morgen auf bekannter Strasse aus Tahoy heraus
Der gestrige Schauer hat auch zu einem Bluetenregen gefuehrt
Auf guter Piste
Mit ein paar Bachquerungen (UXO-Fahrzeug voraus)
Man darf sich nass machen
Die Bevoelkerung hier ist eher reserviert
Mopedquerungstechnik: Mit ausgeschaltenem Motor so weit rollen lassen bis Schieben angesagt ist

Zum Glueck kann man dem Ruettel-Kopfsteinpflaster meist auf Singletrail ausweichen
Klassisches Ho-Chi-Minh-Pflaster
Idyllische Doerfer am Wegesrand
Der Hut steht auch Ihm gut
Immer noch besser als erwartet: Die Piste
Anstieg
einfachste Doerfer
Sekundaervegetation nimmt sich Land zurueck
Nicht-Nassmach-Technik I
Nicht-Nassmach-Technik II
Der schlechtere Streckenabschnitt
Manchmal eher Singletrail
Auch hinter dem Pass noch landwirtschaftlich genutzt
Hier muss genau gesteuert werden
Macht Spass der Abschnitt
Feuer frei, Amerikanische Touristen in US-Army-Jeep auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad am Bilder schiessen
Der Weg wird wieder besser rollend
Nicht so vertrauenserweckend
Da soll ich rueber?
Geht doch
Naechster Bach, man erkennt die grosse alte Brueckenpfeiler
Rampenfahren
Speicherhaeuser stehen auf Bombenhuelsen
Zu steil und zu heiss zum Fahren
Grosse Flussquerung, es haette eine Bambusbruecke
Doch in der Trockenzeit schiebt es sich gut
Kleinstwasserkraftwerke am Fluss
Willkommene Erfrischung


Dafür bleibt die Piste weiter gut und im übernächsten Ort ist sogar wieder ein Laden mit gekühlter Günteelimo. Hinter dem Ort treffen wir zur Abwechslung auf Baufahrzeuge, ein paar Bagger sind am grossflächigen Abräumen von Vegetation, die einspurige Lehmpiste soll hier wohl deutlich verbreitert werden. Wie wir später erfahren, soll wohl eine neue Piste nach Tahoy gebaut werden. Die Gegend ist nun deutlich bewohnter und wir nähern uns dem heiss ersehnten Guesthouseort. Kurz davor überholt uns ein Mopedfahrer, der sogar mal etwas besser Englisch kann, so dass Christian bergauf ihm folgend sich mit ihm unterhält. Sonst ist es sehr selten einmal jemanden zu treffen, der eine Fremdsprache kann, weder Russisch noch Französisch konnten wir bisher anwenden. Im Ort wird noch eingekauft und darauf das Guesthouse gesucht. Wir werden quer über eine Wiese geschickt, auf welcher gleich drauf ein Speerläufer seine Würfe übt, eine etwas unerwartete sportliche Beschäftigung hier. Das Guesthouse ist nicht angeschrieben und am ehesten an einer Artelleriekanone und Bombenhülsen zu erkennen. Letztere sind auch unterwegs in Dörfern manchmal zu sehen, da sie als Stützen für Vorratshütten verwendet werden. Ein gutes Abendessen rundet den Tag ab. Als wir das Guesthouse bezogen wurde uns schon mitgeteilt, dass es keinen Strom gibt. Vorsichtshalber füllen wir daher noch den Bottich im Bad. Und in der Tat hat es als wir vom Essen zurück kommen keinen Wasserdruck mehr. Aber noch während Christian duscht wird wohl ein Aggregat angelassen und wenig später gibt es sogar Strom. Davor war die Herberge mit Kerzen beleuchtet und zwei Neonröhren mit einem Aggregat.

Vor dem nicht angeschriebenen Guesthouse, mit Kriegsschrott
Am nächsten Tag ist schon um 4:45 Weckzeit, am Vortag waren wir nicht so früh weggekommen und die Früh ist wirklich am Angenehmsten, mittlerweile so bis 9 Uhr. Die Strasse aus Nongvillay raus ist angenehm, zumal der Gewitterregen von der Nacht den Staub gebunden hat. Es geht flach aus dem Flusstal heraus und immer wieder säumen Orte den Weg, wir sind ganz erstaunt als wir einige Kilometer nach Nongvillay auf Teer stossen, dieser ist jedoch auf ein Flusstal beschränkt, in das die Strasse steil herunter und wieder herausführt, in der Regenzeit würde sonst wohl der Belag zu sehr angegriffen. Zwischendurch betätigt sich Dina als Ziegenretterin, eine Gaiss steht am Wegesrand und hat sich durch übergrosse Neugier eine blaue Tüte über den Kopf gezogen, die sie nicht mehr herunter bekommt. Nach ihrer Befreiung ist sie noch leicht verwirrt und rennt laut blöckend davon. Schneller als gedacht ist Dong erreicht, wo eine angeblich bekannte Hängebrücke uns erwartet. Diese hatten die Vietnamesen nach dem Krieg 1975 hier errichtet. Sie hat eine beachtliche Spannweite, von Chile und Argentinien sind wir diese Brücken aber gewohnt. Eventuell entsteht bald eine neue Brücke, da auch hier die Piste verbreitert wird. In Dong selbst hat es ein Museum anlässlich des gemeinsamen Sieges der Laoten und Vietnamesen über die Amerikaner und Südvietnamesen. Diese hatten hier wohl eine Offensive gegen den Ho-Chi-Minh-Pfad gestartet und waren wohl jämmerlich eingegangen. Nun stehen hier teils gut erhaltene Exemplare amerikanischer Militärtechnik, ein Hubschrauber, Panzer und LKW. In Dong gelangen wir wieder auf eine grosse Teerstrasse, diese führt zum internationalen Grenzübergang mit Vietnam. Wir fahren in Gegenrichtung nach Sepon, welches wir vor Mittag erreichen. Der Ort ist zwar gross, die Infrastruktur lässt aber zu wünschen übrig. Immerhin bekommen wir mal unsere SIM-Karte zum Laufen. Ein Geldautomat ist aber nicht im Ort, noch haben wir aber keinen allzugrossen Bedarf. Gegessen wird im Restaurant eines Hotels, so können wir mal à la Carte wählen. Die Pommes-Portionen sind allerdings niedlich, so dass Dinas Hunger noch nicht gestillt ist. Nach einem Schlenker über den Markt erblickt Dina das wohl einzige Internet-Café des Ortes, welches noch in Aufbau begriffen ist. Die Verbindungen sind allerdings extrem langsam, so dass wir nur ein wenig Text hochladen können und die notwendigsten Sachen erledigen können.









Noch vor 15 Uhr geht es aus dem Ort heraus. Das klimatisierte Internetcafé hatte leider doch keine so grosse kühlende Wirkung und Dina fühlt sich in grösster Mittagshitze am Rad am wohlsten, der Gegenwind sorgt wenigstens für etwas Kühlung. Ein paar Kilometer hinter Sepon soll unser Weg rechts abgehen, wir wollen weiter nach Norden. Wir sind erstaunt, als er als Teerstrasse beginnt und auch so weiter geht. Schon in der sowjetischen Generalstabskarte hatten wir gesehen, dass es keine zu grossen Steigungen hier geben sollte, nach einem flachen Stück kommt allerdings nochmal ein ziemlich welliger Abschnitt in dem viele kleine Täler überwunden werden. Die Strasse ist wohl deshalb so gut, weil sie zu einer Mine führt, der Ort Sepon Mine ist mit 38 Kilometer angeschrieben. Wir überlegen uns, dass das ein gutes Ziel für ein allenfälliges Guesthouse wäre und mit einer Fahrt in die Dämmerung hinein eventuell sogar machbar ist. Guesthouses hatte es erstaunlicher Weise am Abzweig und danach noch einige, doch dann kam tatsächlich eine Durststrecke bis zur Mine. Die Strecke war durch die Hügellandschaft und die agrarische Nutzung noch recht abwechselnd und so kamen wir besser als gedacht voran und erreichten hinter der Mine in Villasay ein Guesthouse, wo wir in letztem Dämmerungslicht ankamen. Gross Lust auf weitere Herbergssuche hatten wir nicht und nahmen für 70000 Kip unser bisher bestes Zimmer in Laos in Beschlag.





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